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Christine Lambrecht (SPD), Bundesministerin der Verteidigung, auf ihrer Sommertour bei einem Luftwaffengeschwader.

© picture alliance/dpa

Exklusiv

Gericht sieht keine Privatsache: Lambrecht soll Helikopter-Foto ihres Sohnes erklären

Ein Angeber-Foto ihres Sohnes bescherte Verteidigungsministerin Lambrecht eine Privilegien-Diskussion. Was sie von dem Bild wusste, soll sie nun erläutern.

Startklar: Angeschnallt, die Hände auf den Oberschenkeln, im Halbprofil beim vorfreudigen Blick durchs Fenster. So präsentierte sich der Sohn von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in einem Regierungshubschrauber, den seine Mutter für einen Truppenbesuch angefordert hatte. Das Foto postete der Junior privilegienstolz im Frühjahr auf seinem Instagram-Account und brachte die Ministerin damit in Verlegenheit. Viele Fragen zu der Reise blockte die Politikerin ab, auch solche zum Bild. Privatsphäre, hieß es, im Übrigen sei alles rechtmäßig.

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Jetzt hat das Kölner Verwaltungsgericht Lambrecht widersprochen und entschieden, dass ihr Ministerium trotz des privaten Charakters Fragen zu den Umständen der Bildaufnahme beantworten muss (6 L 978/22). Dazu gehört auch, ob Lambrecht selbst das Foto ihres Mitpassagiers angefertigt hat und ob sie zumindest wusste, dass dieser es später in einem sozialen Netzwerk veröffentlichen will.

Das Gericht begründete seine Ansicht damit, das Foto habe „einen hinreichenden Bezug zum Amt als Bundesverteidigungsministerin“ und einen „unmittelbaren Bezug zur Bundeswehr“. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Ministerin müsse hier gegenüber dem journalistischen Auskunftsanspruch zurücktreten.

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Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, das Ministerium kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen einlegen, das dann abschließend entscheidet.

Flug führte Mutter und Sohn in unmittelbare Nähe ihres Urlaubsziels Sylt

Geklagt hatte der Tagesspiegel bereits im Mai unter Hinweis auf die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit, die Bundesbehörden gegenüber Medien zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Informationen verpflichtet. Lambrecht hatte einige öffentliche Auftritte in der Debatte um Reiseziel und ihren Flugbegleiter absolviert, jedoch Wesentliches zu Ablauf und Organisation des Trips verschwiegen, der Mutter und Sohn in unmittelbare Nähe ihrer Osterurlaubs-Destination Sylt führte.

Im Gerichtsverfahren wurden dann die meisten Auskünfte erteilt. Seitdem steht zumindest fest, dass der Besuch beim „Bataillon Elektronische Kampfführung 911“ in der Gemeinde Stadum in Schleswig-Holstein entgegen üblicher Planung nur einen kurzen Vorlauf hatte. Zugleich betonte Lambrecht aber, dass die Idee nicht von ihr, sondern von ihrer Adjutantur gekommen sei.

Übrig blieben Fragen nach dem Foto und der über das Ministerium vorgenommenen Hotelbuchung auf Sylt. Zu Letzterem müsse keine Auskunft erteilt werden, entschied das Verwaltungsgericht. Hier handele es sich „um einen Vorgang aus dem rein privaten Umfeld der Ministerin“, bei dem dienstliche Stellen nur aus Gründen der persönlichen Sicherheit eingebunden gewesen seien.

Von einem privaten Vorgang könne keine Rede sein, so das Gericht

Anders liegt der Fall bei der Entstehung des Fotos. Dieses Wissen habe die Ministerin jedenfalls auch dienstlich erlangt: „Die Inanspruchnahme eines Bundeswehrhubschraubers bildet den – ohne Zweifel – dienstlichen Rahmen, innerhalb dessen das Bild entstanden sein dürfte“, hieß es. Zudem habe das Ministerium bei einer Pressekonferenz im Mai selbst erklärt, dass es einer dienstlichen Erlaubnis für Fotoaufnahmen aus Militärmaschinen bedürfe. Diese Situation sei mit einem privaten Schnappschuss nicht zu vergleichen.

Auch seien der Flug und die Begleitung durch den Sohn nur aufgrund dienstlicher Vorschriften möglich und auch darüber abgerechnet worden. „Konnte mithin die auf dem Foto abgebildete Situation nur durch das der Ministerin übertragene Amt und der damit eingeräumten Befugnisse zustande kommen, kann von einem rein privaten Vorgang, über den schon keine dienstlich erlangten Kenntnisse bei der Antragsgegnerin vorhanden sein können, keine Rede sein“, so das Gericht.

Die Ministerin hat selbst private Belange mit ihrem Amt verwoben

Auch kann es nach Ansicht des Gerichts kein Geheimnis sein, was Lambrecht über die Verwendung des Fotos wusste: Fragen dazu seien „jedenfalls nicht rein privater Natur“, da die Bezüge zur Bundeswehr auf dem Bild erkennbar seien und zur dienstlichen Fotoerlaubnis auch gehöre, die Verwendung der Bilder zu genehmigen.

Zwar griffen Fragen danach in das Grundrecht der Ministerin auf informationelle Selbstbestimmung ein, dieser Eingriff sei aber wegen des offenkundigen Dienstbezugs kaum erheblich. Zudem müsse sich die Ministerin entgegenhalten lassen, dass sie mit der Reise selbst „aus freien Stücken ihre privaten Belange mit der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte verwoben hat.“

Der Tagesspiegel habe ein berechtigtes Interesse an den Informationen dargelegt. Es sei – nach der Auskunftserteilung – „der journalistischen Aufbereitung überlassen, welche Rückschlüsse sich auf die Einstellung der Ministerin im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Privilegien ziehen lassen, die mit der Wahrnehmung der ihr übertragenen Dienstgeschäfte verbunden sind“.

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