
© dpa/Lino Mirgeler/
Newsblog zur großen Koalition: „Bei der Zuwanderung dürfen wir keine halben Sachen mehr machen“
Markus Söder reichen die Zugeständnisse der CDU im Asylstreit nicht. Die CSU sucht die Machtprobe mit der Kanzlerin. Ein Bruch der Fraktion ist nicht ausgeschlossen. Die Ereignisse zum Nachlesen.
Stand:
- Der Zwist in der Union um die Asylpolitik eskaliert.
- Ein Treffen von Kanzlerin Merkel (CDU) und Innenminister Seehofer (CSU) am Mittwoch bringt keinen Kompromiss.
- Am Donnerstag wird wegen des Streits eine Bundestagssitzung unterbrochen. Die Fraktionen von CDU und CSU beraten getrennt.
- Der Regierungspartner SPD ruft zur Mäßigung auf.
- Lesen Sie hier die Ereignisse des Donnerstags im Newsblog nach.
Die Unionsfraktion versinkt im Streit über die Asylpolitik. Wenn nun Wolfgang Schäuble die Union nicht retten kann, dann „isch over“, kommentiert Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff. Damit endet unser Newsblog für heute, wir bedanken uns für die Aufmerksamkeit.
Im Streit in der Union keine Lösung in Sicht
Bayerns Ministerpräsident Söder lässt keinen Zweifel an der Entschlossenheit der CSU, die deutschen Grenzen für bereits in anderen EU-Staaten registrierte Asylsuchende zu schließen. Der „Bild“-Zeitung sagte er: „Es gilt jetzt endlich, alte Fehler zu beheben und das Richtige zu tun.“ Dazu gehöre ganz klar, deutsches und europäisches Recht wieder anzuwenden und die Grenzen zu sichern.
„Wir müssen endlich den Asyl-Tourismus beenden“, sagte Söder. Die CSU habe lange genug auf die Missstände an den deutschen Grenzen hingewiesen, jetzt müsse gehandelt werden. Die von Bundeskanzlerin Merkel geforderte europäische Lösung überzeuge ihn nicht. „Seit drei Jahren werden Gespräche geführt, die leider wenig gebracht haben. Die europäische Lösung sieht faktisch so aus, dass die meisten Asylbewerber, die nach Europa kommen, sich auf den Weg nach Deutschland machen.“ Das könne auf Dauer nicht so bleiben.
Söder schwänzt Ministerpräsidentenrunde
Söder nahm nach Angaben von Kanzlerin Merkel am Nachmittag auch nicht an der Runde der 16 Ministerpräsidenten im Kanzleramt teil, ebenso wenig wie Innenminister Seehofer, obwohl es um die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereiche Flüchtlinge ging. (Reuters)
Merkel: Im Asylstreit nicht unabgestimmt handeln
Merkel betonte erneut, dass sie das Projekt des „Masterplans“ von Innenminister Seehofer unterstütze. Es sei richtig, die illegale Migration zu reduzieren, sagte sie. Zurückweisungen seien aber ein Punkt, „bei dem meines Erachtens Grundprinzipien unseres Herangehens berührt sind“, sagte sie. Seehofer will durchsetzen, dass Asylsuchende, die bereits einen Antrag in einem anderen EU-Staat gestellt haben, an der Grenze zurückgewiesen werden.
Merkel will beim nächsten EU-Gipfel in zwei Wochen erneut über eine europäische Lösung verhandeln. Die CSU will solange nicht warten. Die Kanzlerin sagte zudem, im Umfeld des Gipfels wolle sie bilateral über Rücknahmeabkommen mit anderen europäischen Staaten verhandeln. (epd)
Merkel rechnet nicht mit Bruch der Bundesregierung wegen Asylstreit
Söder reichen CDU-Zugeständnisse nicht
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reicht die signalisierte Kompromissbereitschaft der CDU nicht. „Bei
Unterstützung für Merkel aus dem Saarland
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) stützt die Position von Kanzlerin Merkel. Es brauche kluge Lösungen in Europa, wie Menschen zurückgeführt werden könnten, deren Asylverfahren in anderen Ländern begonnen hätten. "Hier setze ich voll und ganz auf Bundeskanzlerin Angela Merkel bis zum Europäischen Rat in Kürze entsprechende Vereinbarungen zu erzielen", sagte Hans.
JU-Chef: Merkel hat zwei Wochen Zeit
Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, sieht noch eine Chance, den Asyl-Konflikt mit der CSU zu entschärfen, für Merkel wird das aber zum Wettlauf gegen die Zeit. „Die Stimmung war so, dass die Kanzlerin Unterstützung bekommen hat, in den nächsten zwei Wochen bis zum Europäischen Rat Lösungsversuche herbeizuführen“, sagte der als Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik bekannte Politiker.
SPD-General „entsetzt über Chaos“ in der Union
Althusmann: „Ungeregelte Zuwanderung ist ein echtes Problem“
Im Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer erhält der CSU-Politiker Unterstützung aus Niedersachsen. „Ich glaube, Seehofer zielt mit seinen Vorschlägen in die richtige Richtung“, sagte der dortige CDU-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Eine Einigung auf EU-Ebene sei richtig und wichtig, lasse aber auf sich warten.
Der niedersächsische Minister betonte daher: „Solange wir keine europäische Lösung haben können wir nicht alles laufen lassen, die ungeregelte Zuwanderung ist ein echtes Problem.“ Die Kanzlerin wolle die europäische Lösung: „Sie denkt Deutschland stets im europäischen Kontext.“ Althusmann mahnte jedoch zur öffentlichen Zurückhaltung in der Debatte: „Ich finde, jetzt sollten sich alle mal ein wenig zurücknehmen und wieder an der Sache orientieren.“
Merkel sieht sich nach Fraktionssitzung gestärkt
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht sich nach Angaben von Teilnehmern durch die weit überwiegend positive Reaktion der CDU-Bundestagsabgeordneten auf ihren europapolitischen Asylkurs gestärkt. Sie wolle die zwei Wochen bis zum EU-Gipfel in Brüssel Ende Juni nutzen und ausloten, wie weit sie mit den von ihr anvisierten bilateralen Abkommen mit jenen Ländern kommen könne, die am stärksten dem Migrationsdruck ausgesetzt seien, sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern in der Krisensitzung der CDU-Abgeordneten in Berlin.
Sie wisse, dass dies ein ambitioniertes Vorhaben sei, sagte Merkel demnach in ihrem Schlusswort nach der stundenlangen Aussprache. Die Kanzlerin sicherte zu, nach dem EU-Gipfel in der Fraktion Bilanz zu ziehen und die Abgeordneten über den Stand ihrer Verhandlungen zu informieren. Am 2. Juli, dem Montag nach dem Gipfel beginnt die Haushaltswoche des Parlaments mit den Fraktionssitzungen.
Auf die Frage, was geschehe, wenn CSU-Chef Horst Seehofer wie angekündigt in seiner Kompetenz als Bundesinnenminister Rückweisungen an der Grenze verfüge, gab es in den Fraktionskreisen zurückhaltende Antworten. Es könne die Situation entstehen, dass Mitglieder der Bundesregierung erst einmal handelten, hieß es auch mit Blick auf die bevorstehenden Treffen der Kanzlerin mit dem neuen italienischen Regierungschef Giuseppe Conte am Montag und mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Dienstag. Man könne auch die CSU nicht von solchem Handeln abhalten.
Merkel hob demnach vor den Abgeordneten hervor, die von ihn nun anvisierte Lösung über zwischenstaatliche Abkommen sei ein Entgegenkommen gegenüber der CSU und nicht der Weg, den sie eigentlich bevorzuge. Sie sei nach wie vor Anhängerin des multilateralen Lösungsansatzes. (dpa)

Kauder und Dobrindt beraten weiteres Vorgehen
Im Asylstreit wollen der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mögliche Kompromisse ausloten. Er wolle noch am Donnerstag mit Kauder über "das weitere Vorgehen" beraten, sagte Dobrindt nach getrennten Sitzungen der CDU-Abgeordneten und der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Das Treffen wurde von CDU-Seite bestätigt. (AFP)
Wagenknecht rät Merkel zur Aufgabe
Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen, die Koalition angesichts des unversöhnlichen Asylstreits in der Union zu beenden. „Die Union ist offensichtlich nicht mehr regierungsfähig und zerlegt sich auf offener Bühne“, sagte Wagenknecht am Donnerstag in Berlin „Merkel sollte jetzt Konsequenzen ziehen und der Bevölkerung eine Fortsetzung dieses Trauerspiels ersparen.“ (dpa)
AfD kritisiert "Zeit-Kauf-Politik" der Union
Der Asylstreit innerhalb der Union ist nach Einschätzung der AfD ein rein wahltaktisches Manöver. „Das ist eine Zeit-Kauf-Politik der CDU/CSU-Fraktion, um sich noch einigermaßen in den Landtagswahlkampf in Bayern zu retten“, sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel am Donnerstag in Berlin. Wenn Innenminister Horst Seehofer (CSU) plötzlich die Positionen der AfD für sich entdecke, seien das lediglich „Nebelkerzen“. Die AfD sei das Original - eine „schlechte Kopie“ könne niemals die Lösung sein. (dpa)
Keine weiteren Treffen Merkels mit Seehofer geplant
Im ungelösten Asylstreit in der Union sind zunächst keine weiteren Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geplant. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag nach dem Ende der getrennten Sondersitzungen der Abgeordneten beider Parteien aus Unionskreisen.
Damit ist eine Lösung in der seit Tagen erbitterten Kontroverse weiterhin nicht absehbar. Am Montag will sich CSU-Chef Horst Seehofer den Auftrag des Parteivorstandes in München abholen, um notfalls per Ministerentscheid - also ohne Zustimmung von Merkel - Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen zu lassen. Merkel bat am Donnerstag ihrerseits die CDU-Abgeordneten um Geduld und versprach beim EU-Gipfel Ende des Monats in Brüssel für eine europäische Lösung zu kämpfen. (dpa)
Özdemir: CSU darf nicht im Alleingang entscheiden
Grünen-Politiker Cem Özdemir greift in der "Welt" Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an. "Es kann nicht sein, dass die CSU aus der Perspektive der bayerischen Landtagswahl heraus im Alleingang über die Zukunft Europas entscheidet", sagt der frühere Grünen-Chef: "Der Preis für eine Verständigung zwischen CDU und CSU darf nicht der Stillstand oder gar das Scheitern der Europäischen Union sein, indem Merkel an die Kette gelegt wird und Präsident Macron an der langen Leine verhungert."
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußert sich "tief besorgt angesichts der Regierungskrise". Deutschland stehe an einem Scheideweg: "Jetzt geht es um eine Entscheidung für ein starkes Europa der Solidarität, Humanität und des Rechtsstaates oder für den Verrat all dieser Werte." (Reuters)
Dobrindt schließt Bruch der Koalition nicht aus
Dobrindt: "Jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden"
Nach den getrennten Fraktionssitzungen von CDU und CSU spricht jetzt die CSU zur Presse. Markus Blume, der CSU-Generalsekretär, sagt, es gehe "nicht darum, wo irgendwo irgendwann mal gewählt wird. Gelächter bei den Journalisten. Die CSU mache es sich "auch nicht einfach", so Blume weiter. Der "Masterplan" von Horst Seehofer müsse jetzt durchgesetzt werden.
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