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Brexit-Newsblog: Heiko Maas: „No-Deal-Szenario rückt immer näher“
Britisches Unterhaus lehnt Brexit-Deal mit 242 Ja-Stimmen und 391 Nein-Stimmen ab. Labour-Chef Corbyn fordert Neuwahlen. Der Dienstag zum Nachlesen im Newsblog.
Von Ingo Salmen
Stand:
- Erneut hat Theresa May den Austrittsvertrag mit der EU zur Abstimmung gestellt.
- In letzter Minute haben die Premierministerin May und die EU nachgebessert.
- Doch die Niederlage ist krachen: 242 Ja-Stimmen, 391 Nein-Stimmen.
- Am Mittwoch soll das Unterhaus über einen Brexit ohne Abkommen abstimmen.
- Am Donnerstag soll über einen Brexit-Aufschub entschieden werden.
- Labour-Chef Jeremy Corbyn fordert Neuwahlen in Großbritannien.
(mit Agenturen)
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Heiko Maas: Ungeordneter Brexit rückt immer näher
Außenminister Heiko Maas (SPD) hat enttäuscht auf die erneute Ablehnung des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus reagiert. "Es wäre mir lieber gewesen, bei meiner Ankunft eine andere Lage vorzufinden", erklärte Maas am Dienstagabend nach seiner Rückkehr von einem Besuch in Pakistan. "Mit dieser Entscheidung rücken wir einem No-Deal-Szenario immer näher. Denn wer das Abkommen ablehnt, der spielt auf fahrlässige Weise mit dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie der Wirtschaft." Er hoffe, dass ein ungeregelter Brexit in den kommenden 17 Tagen noch vermieden werden könne. "Das britischer Unterhaus hat es selbst in der Hand", fügte Maas hinzu. (AFP)Der erste von drei spannenden Tagen ist zu Ende
Mit 391 Nein-Stimmen bei 242 Ja-Stimmen hat die britische Premierministerin Theresa May auch beim zweiten Versuch, das Austrittsabkommen durch das Parlament absegnen zu lassen, eine Niederlage erlitten, die man krachend nennen kann. Am Mittwoch entscheidet das Unterhaus über einen "No-Deal"-Brexit. Kommt es zur Ablehnung soll am Donnerstag darüber abgestimmt, ob Großbritannien die EU um einen Aufschub bitten soll. Wir werden an beiden Tagen wieder umfassend berichten, beenden aber für Dienstagabend den Newsblog. Die Tageszusammenfassung unseres Mitarbeiters Sebastian Borger finden Sie hinter dem untenstehenden Link. Vielen Dank für Ihr Interesse!
Brexit-Fahrplan: Wie es jetzt weitergeht
Die Woche der Entscheidungen im Brexit-Drama hat am Dienstagabend mit der erneuten Zurückweisung des Brexit-Vertrags durch das britische Unterhaus begonnen. Gut zwei Wochen vor dem geplanten EU-Austritt am 29. März erlitt Premierministerin Theresa May damit eine weitere krachende Niederlage im Ringen um den Brexit. Nun stehen am Mittwoch und Donnerstag weitere wichtige Abstimmungen an. Ein Überblick über die Termine der kommenden Tage:Mittwoch, 13. März
Am Mittwochmorgen um 9 Uhr kommen die EU-Botschafter der 27 anderen Mitgliedstaaten in Brüssel zusammen, um die Situation zu bewerten. Ab 10 Uhr debattiert dann das EU-Parlament in Straßburg über die Lage. In Londoner Unterhaus werden die Abgeordneten nun über die Frage abstimmen, ob Großbritannien am 29. März auch ohne Vertrag aus der EU austreten soll. Einen solchen Chaos-Brexit wollen die EU und Mays Regierung auf jeden Fall vermeiden.
Donnerstag, 14. März
Wird am Mittwoch auch ein "No-Deal"-Brexit abgelehnt, entscheiden die Abgeordneten am Donnerstag darüber, die EU um eine "kurze und begrenzte" Verschiebung des Austrittsdatums zu bitten. May hat einen Aufschub um bis zu drei Monate vorgeschlagen, der vor der ersten Sitzung des neugewählten EU-Parlaments Anfang Juli enden soll. Dadurch könnte mehr Zeit für Gespräche mit Brüssel gewonnen werden.
Donnerstag, 21. März, und Freitag, 22. März
In Brüssel kommen die Staats- und Regierungschefs der EU, einschließlich Premierministerin May, zu ihrem letzten Gipfeltreffen vor dem geplanten EU-Austrittsdatum zusammen. Sie beraten am Donnerstag über den Brexit und könnten gegebenenfalls ihre Zustimmung zu einem Brexit-Aufschub erteilen.
Freitag, 29. März
Großbritannien sagt "good-bye" - oder vielleicht doch nicht? An diesem Tag soll das Land die EU verlassen, sofern der Austrittsprozess nicht verzögert oder rückgängig gemacht wird. Ob Großbritannien an diesem Tag wirklich geht, ist nach dem Votum vom Dienstagabend unklarer denn je. (AFP)
Nordirische DUP: Notfalls Brexit ohne Deal
Die mit Premierministerin Theresa May verbündete nordirische Partei DUP fordert,
Großbritannien solle notfalls die EU ohne einen Vertrag verlassen. Die Drohung
eines ungeregelten Brexit müsse aufrecht erhalten werden, sagt DUP-Chef Nigel
dodds dem Sender Sky News. (Reuters)
EU-Politiker drängen Briten zum Konsens
Führende Europaabgeordnete haben das britische Parlament aufgefordert, einen parteiübergreifenden Konsens zum Brexit zu suchen. Nur dann gebe es einen Ausweg aus der Krise, erklärte der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt, am Dienstagabend. „Wenn dies passiert, werden wir uns voll engagieren.“Auch der CDU-Brexit-Experte Elmar Brok kritisierte, Großbritannien habe den Brexit ohne eine klare Vorstellung gestartet. Nun sei man in einer „fast aussichtslosen Situation“. Die EU dürfe sich nicht weiter treiben lassen. Eine kurze Verlängerung der Brexit-Frist von etwa drei Monaten wäre denkbar, aber keine längere Hängepartie, sagte Brok in Straßburg.
Auf die Frage ob ein ungeregelter Brexit Ende März besser wäre, sagte der CDU-Politiker: „Wenn das die Konsequenz ist, neige ich fast dazu, obwohl ich mich innerlich noch wehre, weil das wirklich eine schlimme Situation ist, allerdings weit schlimmer für Großbritannien.“
Die Linken-Fraktionschefin Gabi Zimmer erklärte: „Die überwältigende Ablehnung des Brexit-Vertrags im britischen Unterhaus frustriert mich total.“ Die EU habe jahrelang verhandelt und sei Großbritannien nochmals entgegengekommen. „Aber sie verspielen diese letzte Chance leichtfertig. Wir sehen ein Parlament, das sich im Parteiengezänk selbst zerlegt.“
In der umstrittenen Grenzfrage in Irland deutete Zimmer Unterstützung für eine Vereinigung des britischen Nordirlands mit der Republik Irland an: „Mittlerweile glaube ich, die einfachste Lösung wäre, keine Grenze mehr in Irland zu haben.“ Jeden anderen Vorschlag hätten die Briten ja abgelehnt. (dpa)
In der umstrittenen Grenzfrage in Irland deutete Zimmer Unterstützung für eine Vereinigung des britischen Nordirlands mit der Republik Irland an: „Mittlerweile glaube ich, die einfachste Lösung wäre, keine Grenze mehr in Irland zu haben.“ Jeden anderen Vorschlag hätten die Briten ja abgelehnt. (dpa)
Mays Regierung: Krisensitzung und Planlosigkeit
Einige Minister von Mays Kabinett wollten sich noch am Abend zu einer Krisensitzung treffen. Das berichtet ein Journalist der "Sunday Times". Die Premierministerin scheint inzwischen einigermaßen ratlos zu sein: Nach den Worten ihres Sprechers hat sie zunächst jedenfalls keine Pläne für weitere Gespräche mit der EU. (mit Reuters)
Noch eine Stimme aus Europa: Die Briten sind dran
Die Europäische Union sieht ganz klar Großbritannien unter Zugzwang. Die Lösung im Brexit-Streit muss nach den Worten des
niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte aus London kommen. Ein Antrag
auf eine Fristverlängerung müsse eine glaubwürdige und überzeugende Begründung
haben. (Reuters)
Fristverlängerung? Kein Grund zur Beruhigung
Eine Verlängerung der Brexit-Frist mit unüberschaubarem Ausgang ist wahrscheinlich der nächste Akt im Brexit-Drama, kommentiert unser EU-Fachmann Albrecht Meier die Entscheidung am Abend. "Auch wenn die schlechteste aller Optionen – nämlich ein harter Brexit – gleichzeitig auch die unwahrscheinlichste ist, wäre eine Brexit-Verlängerung aber auch kein echter Grund zur Beruhigung. Die politische Ungewissheit bliebe nämlich auch während einer Verlängerungsfrist bestehen." Lesen Sie hier den ganzen Kommentar.Bankenverband warnt vor Unsicherheit
Der Präsident des Bankenverbands, Hans-Walter Peters, zeigt sich enttäuscht über
das Votum des Unterhauses. "Die britische Politik handelt unverändert
irrational. Mit der Ablehnung des Austrittsabkommens ist ein geregelter Austritt
am 29. März 2019 kaum noch möglich", sagt er. "Ob es weiterhin enge
wirtschaftliche Beziehungen zum Vereinigten Königreich geben kann, steht in den
Sternen." (Reuters)
EU zwischen Bedauern, Fordern und Warnen
Die Europäische Union nimmt das Votum des britischen Parlaments mit Bedauern
auf. Auf Seiten der EU sei alles mögliche unternommen worden, um ein
Brexit-Abkommen zu erreichen, erklärt ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald
Tusk. Die Blockade beim Brexit kann nach den Worten von EU-Unterhändler Michel Barnier nur in Großbritannien gelöst werden. Die EU habe alles getan, was sie könne. Die Vorbereitungen für einen harten Brexit seien jetzt wichtiger als je zuvor. (Reuters)
EU: Ablehnung erhöht No-Deal-Risiko "deutlich"
Das Brexit-Votum erhöhe das Risiko eines Austritts ohne Abkommen "deutlich", teilt die Europäische Union in einer ersten Reaktion auf die Abstimmung im Unterhaus mit. (AFP)
Eine Stimme aus Europa
"Nur ein klarer Strategiewandel kann uns aus dieser Blockade befreien", kommentiert die grüne Europaabgeordnete Terry Reintke die Entscheidung. Um den Brexit aufzuschieben und weiter zu verhandeln, sei ein neuer Vorschlag der britischen Regierung notwendig, schreibt sie bei Twitter - zum Beispiel Neuwahlen oder ein neues Referendum.
Labour-Chef fordert Neuwahlen
Mays Deal sei "tot, tot, tot", sagt Jeremy Corbyn - und die Premierministerin politisch erledigt. Der Labour-Vorsitzende fordert daher Neuwahlen in Großbritannien.
Theresa May kündigt Abstimmung über No-Brexit an
Die Premierministerin erklärt nach ihrer zweiten Niederlage, dass sie am Mittwoch das Parlament darüber abstimmen lassen will, ob es einen EU-Austritt ohne Abkommen haben will. Am Donnerstag könnte eine Entscheidung darüber folgen, ob die EU um einen Aufschub des Austritts gebeten werden soll.
Nur 242 Ja-Stimmen
391 Gegenstimmen: Deal klar abgelehnt
Es sieht nicht gut aus für Theresa May
Der Raum, durch den die Gegner des Deals gehen müssen, war vollgestopft mit Abgeordneten.
Junckers letzter Appell
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte am Dienstag abermals an das britische Unterhaus appelliert, dem nachgebesserten Brexit-Deal nun zuzustimmen. „Ich habe es gestern Nacht schon gesagt: Das war eine zweite Chance, aber es wird keine dritte Chance geben“, sagte Juncker in einer Debatte des Europaparlaments. Nur: Wer hört in London auf Juncker? (mit dpa)
Englischsprachige Wagner-Experten irgendwo?
Mehrheit des EU-kritischen Tory-Flügels offenbar dagegen
Die Mehrheit des EU-kritischen Flügels der Konservativen Partei, der European Research Group, will nach Aussage des Abgeordneten Simon Clarke gegen den Brexit-Deal stimmen. Anführer der ERG ist Jacob Rees-Moog. (Reuters)Auch die Höhe der Niederlage zählt womöglich
Mitte Januar war Theresa May beim ersten Versuch, ihren Deal mit der EU durch das Unterhaus zu bringen, krachend gescheitert. 432 Abgeordnete stimmten dagegen, 202 stimmten dafür. Wenn May erneut mit großem Abstand verliere, "ist ihr Deal tot", sagte der Labour-Abgeordnete Hillary Benn vor der Abstimmung. Die Folge könnte ein Aufschieben des eigentlich für den 29. März, in zweieinhalb Wochen, geplanten EU-Austritts. Jüngste Umfragen sagten einen Rückstand von rund 100 Stimmen statt 230 im Januar für Mays Vorschlag voraus.
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