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Hans-Georg Maaßen (Archiv)

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

Scheidender Verfassungsschutzchef: Maaßen wechselt doch nicht zu Seehofer

Hans-Georg Maaßen soll nach Tagesspiegel-Informationen nicht mehr Sonderbeauftragter im Innenministerium werden. Ein möglicher Grund: Seine Abschiedsrede.

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen wird nicht wie geplant als Sonderbeauftragter ins Innenministerium versetzt. Nach Tagesspiegel-Informationen geschieht das auf Maaßens eigenen Wunsch hin.

Allerdings hat der 55-Jährige dem Vernehmen nach auch neuerlich für Verärgerung gesorgt. In seiner Abschiedsrede, deren Manuskript im Bundesamt für Verfassungsschutz verteilt wurde, habe er heftige Kritik an Teilen der Koalition geübt, vor allem an der SPD, und seine umstrittenen Äußerungen zu „Hetzjagden“ bei einer Demonstration in Chemnitz wieder massiv verteidigt. Auch habe er von teilweise linksradikalen Kräften bei den Sozialdemokraten gesprochen.

Bei einer Abschiedsrede vor europäischen Kollegen in Warschau am 18. Oktober soll Maaßen beklagt haben, seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren. Das berichten der "Spiegel" und die Deutsche Presse-Agentur übereinstimmend. Maaßen sagte demnach, er sei in Deutschland als Kritiker der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung bekannt. Dies sei für seine politischen Gegner und einige Medien Anlass gewesen, ihn aus dem Amt zu drängen. Seit dem 24. Oktober war die Rede im geschützten Bereich des Intranets für alle Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu lesen.

Maaßen sollte eigentlich Sonderberater von Innenminister Horst Seehofer (CSU) für europäische und internationale Aufgaben werden – bei gleichem Gehalt wie bisher als BfV-Chef, im Rang eines Abteilungsleiters. Diese Versetzung soll es nun nicht mehr geben. Stattdessen soll Maaßen wohl in den einstweiligen Ruhestand geschickt werden.

Seehofer bestätigte dies am Sonntagabend zunächst nicht. "Im Moment kann ich zu der Sache nichts sagen", sagte Seehofer dazu am Rande einer Parteisitzung in München. Er sei am Montag wieder in Berlin.

Horst Seehofer (r) und Hans-Georg Maaßen
Horst Seehofer (r) und Hans-Georg Maaßen

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Ein Sprecher von Innenminister Seehofer sagte der Deutschen Presseagentur, die Äußerungen von Maaßen seien dem Ministerium bekannt und würden geprüft. Danach werde Seehofer die notwendigen Konsequenzen ziehen.

"Nicht ohne Grund haben wir vor Wochen die Entlassung Maaßens wegen seiner ständigen Alleingänge und Querschläger gefordert", erklärte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka am Sonntag. Inzwischen sei "offensichtlich auch Herr Seehofer zu dieser Einsicht gekommen", allerdings "sehr spät". Das mache auch Seehofer zum "Verlierer".

Laschet: Fall Maaßen "an Absurdität nicht zu überbieten"

CDU-Vize Armin Laschet sagte dem ZDF mit Blick auf den Fall Maaßen, dieser sei "an Absurdität nicht zu überbieten". Wenn von Maaßens Seite "jetzt noch nachgekartet wird, glaube ich, dass der Bundesinnenminister sicher über Konsequenzen nachdenkt". Der FDP-Innenpolitikexperte Benjamin Strasser erklärte, Maaßen hätte "schon vor Wochen aufgrund seiner zahlreichen Grenzüberschreitungen gehen müssen". Stattdessen habe Innenminister Seehofer "stur seine Hand über Maaßen gehalten". Dieser stehe nun "vor dem Scherbenhaufen seiner verqueren Personalpolitik".

Nachfolger Maaßens als Verfassungsschutzpräsident soll Berichten zufolge dessen bisheriger Vize Thomas Haldenwang werden. Das Bundesinnenministerium hat die Berufung des 58-jährigen Juristen bislang allerdings bislang nicht bestätigt.

Die Grünen im Bundestag verlangten am Sonntagabend eine Sondersitzung des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste zu den neuen Vorwürfen gegen Maaßen. Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sagte der dpa, man könne nur wünschen, dass Seehofer endlich handele, die Nachfolge von Maaßen ordentlich regele und das planlose Agieren ende, das alle Beteiligten beschädigt zurücklasse. Maaßen und Seehofer seien sich offenbar nicht im Klaren darüber, wie tief der Vertrauensschaden mittlerweile sei.

Maaßen ist offenbar unfähig zu jeder Art von Selbstkritik. Machtstreben und Eitelkeit werden ihm zu Verhängnis. Neben der Tatsache, dass er offenbar Profession und private politische Einstellung nicht ausreichend voreinander trennen kann.

schreibt NutzerIn Gophi

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg kritisierte den Umgang mit Maaßen. „Das war keine klare Amtsführung. So geht man auch nicht mit Beamten um“, sagte er mit Blick auf Seehofer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sensburg gehört wie von Notz dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags an. Er kenne die Maaßen zugeschriebenen Äußerungen, sagte er. Maaßen setze nichts daran, Sonderbeauftragter zu werden. „Das hat er in seinen Äußerungen kundgetan.“ Er verstehe dies. „Das ist ja auch eher ein Abschieben.“

Der Streit um Maaßen und dessen Äußerungen hatte im September eine erneute Koalitionskrise ausgelöst, die fast zum Bruch der Koalition geführt hätte. Im Zentrum stand die Äußerung Maaßens, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. Belege für seine Behauptungen lieferte Maaßen nicht.

Die Ablösung Maaßens wegen umstrittener Aussagen an der Spitze des Geheimdienstes und seine zunächst geplante Beförderung auf einen Staatssekretärsposten mit einem Gehalt von über 14.000 Euro im Monat hatte für breite Empörung gesorgt. (mit dpa, AFP und Reuters)

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