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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), umgeben von Reportern bei der UN-Weltklimakonferenz.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Exklusiv

Mauerndes Kanzleramt : Immer mehr Auskunftsklagen gegen die Bundesregierung

Viel ist von neuer Offenheit die Rede, dennoch wird in Ministerien und Kanzleramt gemauert. Die Union fordert nun mehr Rechte für recherchierende Medien.

Trotz Transparenzversprechen der Ampelfraktionen steigt die Zahl der Informations- und Auskunftsklagen gegen die Bundesregierung. Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Matthias Hauer (CDU) hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach waren zu Beginn der Legislaturperiode im Oktober 2021 noch 100 solcher Klagen gegen das Bundeskanzleramt sowie die Bundesministerien vor den Verwaltungsgerichten anhängig. Derzeit sind es – abzüglich eines in 26 Einzelfälle aufgespaltenen Verfahrens gegen das Gesundheitsministerium – insgesamt 113.

Die Presse braucht alle Werkzeuge, um das Handeln der Bundesregierung zu kontrollieren. Dazu gehören verlässliche Auskunftsrechte.

Matthias Hauer, Abgeordneter des Deutschen Bundestags (CDU)

21 Verfahren davon werden von Journalistinnen und Journalisten auf Basis des so genannten verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs geführt, vornehmlich gegen das Kanzleramt. Darunter sind auch mehrere Klagen des Tagesspiegels.

Auskunftsanspruch auch ohne Gesetz durchsetzungsstark

Die übrigen beruhen auf dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das jedermann in Anspruch nehmen darf und nicht nur Vertreter von Rundfunk und Presse. Trotzdem dürften auch viele IFG-Klagen, die auf Offenlegung von Regierungsdokumenten zielen, von Medienleuten erhoben worden sein.

113
Informationsklagen gegen Kanzleramt und Ministerien sind bei den Gerichten anhängig

„Die hohe Zahl der anhängigen Verfahren zeigt, dass Journalisten, die durch ihre investigative Arbeit zur Information der Öffentlichkeit beitragen, die Durchsetzung ihrer presserechtlichen Auskunftsrechte gegenüber der Regierung hart erstreiten müssen“, sagt Hauer. Auch die Presse brauche „alle Werkzeuge, um das Handeln der Bundesregierung zu kontrollieren“. Dazu gehörten verlässliche Auskunftsrechte.

Daran hapert es bislang. Den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch hatte das Bundesverwaltungsgericht vor zehn Jahren aus der im Grundgesetz geschützten Pressefreiheit abgeleitet und zugleich ein ausdrückliches Gesetz gefordert. Im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen hatten die Parteien verabredet, es zu schaffen. Geschehen ist bisher wenig. Nach Angaben der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Claudia Roth (Grüne) ist noch nicht einmal geklärt, wer in der Regierung für einen solchen Gesetzentwurf zuständig wäre.

„Die Ankündigungen der Ampel-Parteien zu mehr Transparenz gehen bislang ins Leere. Stattdessen beobachten wir sogar, dass die Ampelkoalition oft Auskünfte zu unseren Fragen ganz verweigert oder Antworten völlig an Fragen vorbeigehen“, kritisiert Hauer.

Obwohl es kein Gesetz gibt, erweist sich der bestehende Auskunftsanspruch vor Gericht immer wieder als durchsetzungsstark.

So wurde etwa die frühere Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in einem Eilverfahren des Tagesspiegels verpflichtet, Aufklärung über einen umstrittenen Hubschrauberflug mit ihrem Sohn zu schaffen. Der Trip war offiziell ein Truppenbesuch, mündete aber in einem gemeinsamen Osterurlaub auf Sylt.

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