Kriminalität: Mehr rechte Straftaten
Rechtsextremistischer Straftaten in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Sowohl bei den so genannten Propagandadelikten als auch bei den Gewaltstraftaten sei in 2006 ein deutlicher Anstieg verzeichnet worden.
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Berlin - Konkrete Zahlen zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität werde Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Kürze bekannt geben, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke.
Die Links-Fraktion im Bundestag warf der Bundesregierung Versagen beim Bekämpfen des Rechtsextremismus vor. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte eine stärkere gesellschaftliche Auseinandersetzung mit antisemitischen und rassistischen Tendenzen.
BKA-Chef Ziercke schränkte auf der Jahrespressekonferenz in Wiesbaden ein, dass der Anstieg geringer ausgefallen sei als von manchen Medien berichtet. Das Nachrichtenportal "Zeit online" hatte vor einigen Wochen unter Berufung auf vorläufige Zahlen des Bundesinnenministeriums berichtet, dass rechtsextrem und ausländerfeindlich motivierte Straf- und Gewalttaten in 2006 auf den höchsten Stand seit sechs Jahren gestiegen seien.
"Wachsendes Selbstbewusstsein" der extremistischen Szene
Der Chef der Staatsschutz-Abteilung beim BKA, Klaus Wittling, sagte, im Bereich der Gewaltdelikte sei ein Anstieg besonders im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der rechten und linken Szene registriert worden. "Wir registrieren in der rechten Szene ein zunehmendes Selbstbewusstsein", erläuterte Wittling. Dies drücke sich dahingehend aus, dass die Anhänger der rechten Szene verstärkt "linke Hochburgen" für ihre Aktionen aufsuchten, um zu provozieren.
Zu beobachten sei in der rechten Szene auch die Bildung einer "Volksfront" aus den nicht verbotenen einschlägigen Parteien. Eine wachsende Rolle für die Szene spiele das Medium Musik. Diese diene zur "Identitätsstiftung" und Verbreitung von Propaganda. Für Jugendliche stelle rechte Musik eine "Einstiegsdroge" in die Szene dar.
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, warnte unterdessen davor, dass antisemitische Positionen sich zunehmend nicht mehr nur anonym, sondern in namentlich geäußerter Gewaltbereitschaft und Drohungen zeigten. Das Problem müsse in der öffentlichen Diskussion gehalten werden, sagte er. Dazu sei die am Samstag beginnende "Aktionswoche gegen Rassismus" ein wirksames Instrument.
Links-Fraktion warnt vor Untätigkeit
Die innenpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Ulla Jelpke, kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung gegen den Rechtsextremismus als "Sammelsurium von Oberflächlichkeiten und Verharmlosungen". Diese ignoriere, "dass neofaschistische Positionen schon längst in die Mitte der Gesellschaft" drängten.
Jelpke forderte in diesem Zusammenhang einen Abzug der auf die rechtsextremistische NPD angesetzten V-Leute des Verfassungsschutzes. Die verdeckte Mitwirkung des Geheimdienstes in der NPD habe zur Einstellung des Verbotsverfahrens gegen die Partei durch das Bundesverfassungsgericht vor vier Jahren geführt und sei unabhängig davon ergebnislos geblieben.
(Von Peter Leveringhaus, ddp)
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