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Inhaftierte sind in der JVA Waldheim zusehen.

© Imago/EHL Media

„Mehrfachbelegung von Hafträumen“: Die meisten Gefängnisse in Deutschland sind an der Belastungsgrenze

In Rheinland-Pfalz sind die Justizvollzugsanstalten einem Bericht zufolge fast komplett belegt, ähnlich sieht es in mehreren anderen Bundesländern aus. Die Gesamtauslastung steuert auf 90 Prozent zu.

Stand:

Viele Haftanstalten in der Bundesrepublik sind einem Medienbericht zufolge bis an die Kapazitätsgrenzen belegt, teilweise sind diese sogar schon überschritten. Dies berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf eine eigene Umfrage bei den 16 Landesministerien für Justiz.

Bundesweit sind demnach 60.391 von insgesamt 70.279 Haftplätzen belegt. Das entspricht einer Gesamtauslastung von etwa 86 Prozent.

In Rheinland-Pfalz etwa gibt es dem Bericht zufolge nahezu keine freien Haftplätze mehr. „Abgefedert wird eine Überbelegung zum Teil mit Mehrfachbelegung von dafür geeigneten Hafträumen“, erklärte ein Ministeriumssprecher.

Seit Mai dieses Jahres würden zudem im Land Ersatzfreiheitsstrafen – also Gefängnisstrafen für verurteilte Menschen, die eine Geldstrafe nicht bezahlt haben – grundsätzlich im offenen Vollzug verbüßt, also mit deutlichen Hafterleichterungen. „Dies wirkt sich entlastend auf den geschlossenen Vollzug aus“, sagte der Sprecher.

Auslastung der JVA in Berlin bei 82 Prozent

Eine ähnlich hohe Belegung gibt es in Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg und dem Saarland. Dort sind die Gefängnisse über 90 Prozent ausgelastet.

In Berlin sind den Angaben zufolge 3543 von 4304 verfügbaren Plätzen in den Justizvollzugsanstalten (JVA) belegt, was einer Auslastung von 82 Prozent entspricht. In Brandenburg gibt es noch mehr Kapazitäten. Dort sind die JVA zu 78 Prozent ausgelastet, 1152 von 1481 Plätzen sind demnach belegt.

Die Abfrage der Zahlen erfolgte nach Angaben des RND vom 24. Juni 2025 bis zum 22. Juli 2025. In den Statistiken erfasst sind demnach sowohl Männer, Frauen als auch Jugendliche im geschlossen und offenen Vollzug, die eine Freiheitsstrafe verbüßen oder aus sonstigen Gründen inhaftiert sind. 

Mehr als 43.000 Menschen waren im Jahr 2024 inhaftiert

Während der Corona-Pandemie war die Zahl der Gefängnisinsassen rapide gesunken. „In der Pandemie haben wir für einige Zeit die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen ausgesetzt, um nicht ein zusätzliches Infektionsrisiko in die Justizvollzugsanstalten zu holen, sodass die Belegung weniger wurde“, erklärte eine Sprecherin des Justizministeriums in Bremen.

Im März 2024 waren in Deutschland nach Angaben des Portals Statista in 172 Strafvollzugsanstalten rund 43.746 Personen inhaftiert, davon etwas weniger als sieben Prozent im Jugendstrafvollzug, so die Agentur KNA.

Neben der hohen Belegung ist fehlendes Personal ein zentrales Problem. Derzeit sind nach Angaben der Gewerkschaft Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) bundesweit 2000 Stellen im Strafvollzug unbesetzt.

Andere EU-Staaten gehen wegen überfüllter Gefängnisse bereits andere Wege. Die Regierung im von Bandenkriminalität betroffenen Schweden wird in Zukunft Hunderte Straftäter in einem Gefängnis in Estland unterbringen.

Schweden mietet dafür eine Haftanstalt im südestnischen Tartu an, in deren 400 Zellen insgesamt bis zu 600 Häftlinge untergebracht werden können. (lem)

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