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Raketenabwehrsystem: Merkel warnt vor Spaltung der EU

Im Streit um die US-Pläne für ein Raketenabwehrsystem in Osteuropa hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Länder der Europäischen Union zu Einigkeit gemahnt. Unterdessen stellte sich der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe auf die Seite der Raketen-Kritiker.

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Düsseldorf/Erfurt - "Bei allen Themen muss versucht werden, eine Spaltung Europas zu verhindern - ob es sich um Fragen der Energiepolitik oder der Außen- und Verteidigungspolitik handelt", sagte die amtierende EU-Ratsvorsitzende der "Rheinischen Post". "Das heißt, dass alles daran gesetzt werden muss, Alleingänge zu vermeiden und die Dinge miteinander abzustimmen", sagte Merkel und mahnte die EU-Partner: "Europa schwächt sich in seiner Kraft und Durchsetzungsfähigkeit, wenn es uneinig ist."

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sprach sich für eine Debatte in der Nato und der EU aus. "Es gibt keine Sicherheit gegeneinander, sondern nur miteinander", sagte der Bundestagsvizepräsident der "Thüringer Allgemeine". Gleichzeitig kritisierte Thierse den Umgang mit dem Thema in der großen Koalition. "Kritik an den US-Plänen wird sofort als schäbige partei- und innenpolitische Taktik verstanden", sagte der SPD-Politiker. So als dürfe man grundsätzlich nichts gegen die USA sagen. Er halte es dagegen für richtig, dass darüber diskutiert wird, "ob ein solcher Raketenschild militärisch notwendig und politisch sinnvoll ist."

Ex-Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) stellte sich auf die Seite der Raketen-Kritiker. Es sei "sehr schädlich" wie diese Diskussion geführt werde, sagte Rühe der "Neuen Presse" in Hannover. "Man tut so, als ob der Iran schon nuklear bewaffnet sei", sagt der CDU-Politiker weiter. "Wir können nicht weitermachen mit der Abschreckung, wie im Kalten Krieg". Die beste Möglichkeit sei immer noch, eine Bedrohung durch Verhandlungen zu verhindern". Also es gar nicht dazu kommen zu lassen, "dass so ein Land wie der Iran über Nuklearwaffen verfügt." Rühe zeigte zudem Verständnis für die massive Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin am US-Vorgehen und plädierte dafür, in der Frage der Raketenabwehr den intensiven Dialog mit Russland zu suchen.

Der CDU-Verteidigungsexperte Karl Lamers sprach sich dagegen für das US-Schild aus. "Es bringt die Chance zur weiteren Abrüstung nuklearer Offensivwaffen mit sich", sagt der Vizevorsitzende des Verteidigungsausschusses der "Rhein-Neckar-Zeitung". Von einem neuen Wettrüsten, das die SPD befürchtet, könne keine Rede sein. Vielmehr, sei er überzeugt, schaffe das Schild Sicherheit für die Bürger. Massenvernichtungswaffen würden unwirksam, weil diese keine Chance mehr hätten, ihr Ziel zu erreichen. Lamers ist zudem Vizepräsident des Ständigen Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung der Nato. In diesem Gremium wolle er am kommenden Samstag in Budapest das umstrittene Thema ansprechen und damit die Diskussion auf Nato-Ebene eröffnen. (tso/AFP)

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