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Bibelfest: Altbundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Protestantischen Kirchentag in Hannover

© imago/Noah Wedel

Merkel widerspricht Klöckner: Altkanzlerin fordert gesellschaftliches Engagement der Christen

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat den Kirchen vorgeworfen, zu politischen NGOs zu werden. Altkanzlerin Merkel sieht das am Kirchentag anders. Auch CDU-Generalsekretär Linnemann sendet versöhnliche Signale.

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Angela Merkel ist der neue Star des Kirchentags. Als die ehemalige Bundeskanzlerin am Donnerstag ihre Bibelarbeit auf dem von mehr als 65.000 Dauerteilnehmern besuchten Protestantentreffen in Hannover hielt, füllte sie nicht nur problemlos eine 5000 Menschen fassende Messehalle. Die CDU-Politikerin bekam auch lang anhaltenden stehenden Applaus, was ansonsten nur Kirchenprominenz vom Schlage einer Margot Käßmann gelingt.

„Christen sind nicht dazu da, sich in ihre Häuser einzuschließen und zu sagen, wir sprechen nicht mehr mit denen, die eine andere Meinung haben“, rief Merkel den Kirchentagsbesuchern zu. Wenige Tage, nachdem die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner das politische Engagement der Kirchen kritisiert hatte, forderte Merkel die Kirchentagsbesucher auf, sich in die Gesellschaft einzubringen.

Christen sind nicht dazu da, sich in ihre Häuser einzuschließen und zu sagen, wir sprechen nicht mehr mit denen, die eine andere Meinung haben.

Altbundeskanzlerin Angela Merkel

„Wichtig ist, nicht zu sagen: Es hat sowieso alles keinen Sinn“, sagte Merkel. „Sondern mit dem Gottvertrauen, das uns die Bibel geben kann, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.“ Die eigene Zeit als Kanzlerin betrachtete Merkel dabei durchaus auch selbstkritisch. Sie habe gewusst, dass man nicht jeden Tag 10.000 neue Menschen aufnehmen könne. Heute müsse man besser darin werden, dass die, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben, das Land wieder verlassen.

Merkel dringt auf mehr Klimaschutz

Und auch beim Klimaschutz wünschte sich Merkel mehr Engagement. „Für mich bleibt die Frage unbeantwortet, ob wir Menschen tatsächlich willens und in der Lage sind, im Sinne der Vorsorge den Warnungen des Weltklimarates gerecht zu werden, und Entscheidungen für unser eigenes Überleben rechtzeitig zu treffen“, sagte Merkel.

Man müsse noch mutiger, stärker und beherzter sein, um „wirklich der Bewahrung der Schöpfung und des Überlebens der Menschheit gerecht zu werden“, sagte sie in Anspielung auf das Kirchentagsmotto „mutig, stark, beherzt.“ Auch dafür gab es donnernden Applaus.

Von einem „neuen Popstar“ des Kirchentags sprach Generalsekretärin Kristin Jahn hinterher. Die Präsidentin des Kirchentags, die ehemalige thüringische Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne), räumte auf Nachfrage ein, dass es nahe liege, einmal darüber nachzudenken, ob nicht auch Merkel einmal als Präsidentin des Christentreffens infrage käme.

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Linnemann offen für politisches Engagement

Die von Klöckner ausgelöste Debatte um die Frage, wie politisch Kirche sein könne, hatte indes bereits CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wieder eingefangen. Beim traditionellen Abendempfang des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU ging er auf die Kirchen zu.

„Wir brauchen die Kirchen“, sagte Linnemann. „Es braucht Instanzen, die Werte vermitteln, Halt und Orientierung geben: Und das sind für mich die Kirchen.“ Er wisse sehr wohl, dass Politik die Religion nicht ersetzen könne. „Und umgekehrt ist es genauso: Die Religion kann nicht an die Stelle der konkreten Politik treten“, sagte Linnemann. Man sollte sich „gegenseitig wertschätzen“ und nicht „von oben auf den anderen herabschauen, sondern unsere Rollen verstehen“.

Selbstverständlich sollten die Kirchen mit der Politik über konkrete Themen diskutieren – über Sterbehilfe, über soziale Fragen oder über ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr. Ob die neue Bundestagspräsidentin das möglicherweise immer noch anders sieht, werden die Kirchentagsbesucher indes an diesem Samstag erfahren können: Denn dann wird Klöckner auf dem Kirchentag in Hannover zu einer Bibelarbeit erwartet.

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