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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Arbeit. Twitter gehört zum Programm der Regierung.

© Rainer Jensen / picture alliance / dpa

Merkels Twitter-Kritik: Die Regierung ist Teil des Problems

Die Kanzlerin betont die Meinungsfreiheit im Streit um die Trump-Sperre. Doch sie unterwirft sich selbst allen Regeln und Diktaten der Konzerne. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Angela Merkel hat über ihren Sprecher Steffen Seibert die Twitter-Sperre für Donald Trump kritisiert, in gewohnt merkelmäßiger Weise: Meinungsfreiheit sei als Grundrecht elementar und könne nur durch den Gesetzgeber, nicht aber durch private Unternehmen eingeschränkt werden. Einerseits. 

Andererseits: Die Betreiber hätten große Verantwortung, dass die politische Kommunikation nicht durch Hass, Lügen oder Anstiftung zur Gewalt vergiftet werde. Die Einlassung ist keine Kritik, sondern schildert ein Dilemma. Denn das, was die einen für Hass und Lüge halten, ist für andere genau dies: Meinungsfreiheit.

Ein Staat, der das eine wirksam bekämpfen will, wird das andere beschränken müssen. Dieses Problem auf nationaler oder EU-Ebene in den Griff zu bekommen, ist nicht so einfach. Es ist daher wohlfeil, von Versäumnissen zu sprechen. 

Alle Nutzer zusammen haben die Netzwerke über Jahre zu dem werden lassen, was sie heute sind. Jede aktive Teilnahme ist ein De-facto-Einverständnis mit allen Regeln und Bedingungen, wie Zuckerberg und Co. sie diktieren, einschließlich maßlosen Datenzugriffs. 

Merkel und ihr Chef-Twitterer Seibert geben diese Einverständniserklärung, stellvertretend für die Bundesrepublik, täglich ab. Die Politik ist nicht Teil der Lösung. Sie ist Teil des Problems.

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