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Kurzfristig anberaumtes Interview: Merz geht auf Junge Union zu – bleibt bei Rentenpaket aber grundsätzlich hart
Der Bundeskanzler steht beim Unions-Parteinachwuchs wegen des geplanten Rentenpakets in der Kritik. Nun bringt er einen „Begleittext“ als Kompromissvorschlag ins Spiel.
Stand:
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat der Jungen Union (JU) im Streit um das geplante Rentenpaket einen Kompromiss angeboten.
Zwar lehnte er am Sonntagabend in einem kurzfristig anberaumten Interview in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ eine Änderung des Gesetzes zur Renten-Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 ab. Allerdings bot er an, dass sich Union und SPD in der Gesetzeserklärung oder einem „Begleittext“, etwa einem Entschließungsantrag, zu einer grundlegenden Rentenreform ab 2032 bekennen.
„Ich unterstütze es, dass wir für die Zeit nach 2031 in unserem Rentensystem grundlegend etwas ändern“, sagte Merz. Dafür werde noch in diesem Jahr die Rentenkommission eingesetzt. „Die wird auch so besetzt werden, dass diejenigen, die das jetzt alles kritisch sehen, mit dabei sind.“
Demnach wird das Gremium seine Arbeit weiter beschleunigen. „Die Rentenkommission wird vor der Sommerpause 2026 ihre Arbeit bereits abschließen, und wir werden unmittelbar danach auch ins Gesetzgebungsverfahren gehen“, betonte er.
Ich bin der Regierungschef und muss dafür sorgen, dass diese Regierung zusammenbleibt.
Friedrich Merz, Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender
Er habe mit der SPD „natürlich“ darüber gesprochen, wie man das gesamte Rentengesetzgebungspaket in „eine vernünftige Botschaft“ einbetten könne. „Wir müssen in der Sache überzeugen und wir müssen die Menschen in diesem Land mitnehmen auf dem Weg hin zu einem neuen Versorgungssystem“, betonte er.
Merz weist Forderung der Jungen Union zurück
Dieses neue Versorgungssystem bestehe aus drei Elementen: der gesetzlichen Rente, Betriebsrenten und der privaten Altersvorsorge. Diese müssten „untereinander anders gewichtet werden, als wir es bisher hatten“. Er habe mit Arbeitsministerin und SPD-Co-Chefin Bärbel Bas am Samstag nach seinem Auftritt bei der Jungen Union gesprochen. „Und wir haben auch verabredet, dass wir genau darüber noch einmal sprechen.“
Ich bin als Bundeskanzler nicht nur einer Gruppe gegenüber verantwortlich, ich bin gegenüber dem ganzen Land in der Verantwortung.
Friedrich Merz, Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender
Im Zentrum steht die sogenannte Haltelinie bei der Rente, also das Absicherungsniveau der Rente im Verhältnis zu den Löhnen. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent zu verlängern.
In dem vom Kabinett beschlossenen Rentengesetzentwurf ist außerdem aber vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag moniert das und argumentiert, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist.
Die Forderung der jungen Unionsabgeordneten, den Gesetzentwurf zur Haltelinie nochmals zu ändern, wies er aber ebenso zurück wie die Berechnung, dass dieser Folgekosten von 120 Milliarden Euro ab 2032 verursache.
Merz bringt Kopplung an Inflationsrate ins Spiel
Abermals verteidigte Merz nun seine am Samstag auf dem Deutschlandtag verlautbarte Haltung, wonach er „mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen“ werde. Es sei mit der SPD verabredet, dass man für die Zeit nach 2032 eine neue Kenngröße für das Rentensystem bestimme, um genau diese Zusatzkosten zu verhindern, sagte Merz in der ARD.
Eine Möglichkeit sei, die Rentenentwicklung nicht mehr an die Löhne, sondern die Inflationsrate zu koppeln. Merz verwies darauf, dass das Gesetz zur Haltelinie nur ein Element eines umfassenden Rentenpakets mit Aktivrente, Frühstart- und Mütterrente sei.
Merz will „dafür sorgen, dass diese Regierung zusammenbleibt“
Er bemühe sich um die Zusammenarbeit mit der Jungen Union und auch mit der Jungen Gruppe im Bundestag, betonte Merz. „Aber ich bin als Bundeskanzler nicht nur einer Gruppe gegenüber verantwortlich, ich bin gegenüber dem ganzen Land in der Verantwortung.“ Ihm sei klar gewesen, dass es beim Deutschlandtag eine kontroverse Diskussion geben werde.
Er habe eine Meinung und vertrete jetzt nicht mehr die Opposition, sagte Merz. „Sondern ich bin der Regierungschef, und ich muss dafür sorgen, dass diese Regierung zusammenbleibt.“ Die Basis sei der Koalitionsvertrag, dem auch die Junge Union zugestimmt habe.
Hintergrund des Streits ist die Drohung der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag, das Rentenpaket im Bundestag scheitern zu lassen. Die Gruppe hat 18 Mitglieder. Die Mehrheit der schwarz-roten Koalition liegt bei zwölf Stimmen.
Die Junge Union hatte auf ihrem Deutschlandtag im badischen Rust am Wochenende gefordert, den Gesetzentwurf zu ändern, weil er ihrer Meinung nach Festlegungen für das Rentenniveau nach 2032 enthält.
Söder zeigt Verständnis für Merz
Sowohl Merz als auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) betonten am Wochenende aber, dass sie für den Gesetzentwurf stimmen werden.
CSU-Chef Markus Söder sagte am Sonntag beim Deutschlandtag, dass er Merz und Unionsfraktionschef Jens Spahn nicht in den Rücken fallen werde. „Friedrich Merz muss auch eine Koalition zusammenhalten.“ Söder sprach sich aber für weitere Verhandlungen mit der SPD aus. „Ich finde, ihr habt schon gute Argumente, und man muss sie auch wägen und beachten. Und wir müssen darüber auch mit der SPD reden“, sagte Söder an die JU gerichtet.
Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil unterstrich seinerseits beim Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg in Ulm, dass es keine Änderungen am Gesetzentwurf geben werde. „Wir stehen beim Thema Rente. Das werden wir im Bundestag verabschieden“, sagte er. (Tsp, Reuters, dpa)
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