
© dpa/Michael Kappeler
Investitionen durch Grundgesetzänderung: Was uns die Schulden kosten werden
Milliarden an Zinsen fallen für die neuen Schulden an. Doch eine Rückzahlung der Kredite ist nicht geplant. Wie Staaten in der Vergangenheit ihre Schulden dezimiert haben.
Stand:
Die neuen Schulden werden dazu führen, dass der Staat mehr Geld für Zinsen ausgeben muss. Einerseits, weil für die neuen Schulden Zinsen zu bezahlen sein werden. Und andererseits, weil für die bereits bestehenden Schulden höhere Zinsen fällig werden.
Die Zinsen fallen an, bis die Schulden getilgt werden. Das ist historisch kaum geschehen. Aber sie können auch auf anderem Wege verkleinert werden.
Bestehende Schulden werden teurer
Aktuell stehen die Bundesregierung, die Bundesländer und die Kommunen zusammen mit etwa zweieinhalb Billionen Euro in der Kreide. Wenn sie die Anleihen und Kredite zurückzahlen – manche nach drei Monaten, andere nach 30 Jahren – holen sie sich das Geld dafür in der Regel, indem sie neue Anleihen ausgeben und neue Kredite aufnehmen. Und für diese werden nun höhere Zinsen fällig.
Wie stark die Zinsen dafür steigen, lässt sich anhand der Umlaufrendite erahnen. Sie ist die Durchschnittsrendite der Bundesanleihen und ein Indiz für die Zinsen, die der Staat bieten muss, um Käufer für seine Anleihen zu finden. Sie hat sich seit Ende Februar um etwa 0,4 Prozentpunkte auf rund 2,7 Prozent erhöht.
Dazu dürfte nicht nur die erwartete Neuverschuldung Deutschlands beigetragen haben. Der Finanzmarktexperte Jim Reid von der Deutschen Bank verwies kürzlich darauf, dass auch die Eurozone für zusätzliche Verteidigungsausgaben lockerere Fiskalregeln anstrebt. Somit sind auch bei anderen Mitgliedsstaaten höhere Schulden zu erwarten.
Zinsenausgaben steigen um Dutzende Milliarden
Wie stark die Zinsen gestiegen sein werden, wenn der Staat die nächsten fällig werdenden Anleihen durch neue refinanziert, kann niemand exakt prognostizieren. Wenn der Renditeaufschlag von 0,4 Prozent bestehen bleibt, bedeutet das Zusatzkosten von zehn Milliarden Euro.
Hinzu kommen die Zinsen für die neuen Schulden. Für das 500-Milliarden-Euro-Paket für Infrastruktur und Klimaschutz kosten diese beim aktuellen Zinsniveau etwa 13 Milliarden Euro jährlich.
Auch Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz und andere Sicherheitsmaßnahmen oberhalb von einem Prozent der Wirtschaftsleistung dürfen künftig auf Pump finanziert werden. Beim aktuellen Niveau dieser Aufwendungen wären dies Schätzungen zufolge etwa 20 Milliarden Euro, um die der Schuldenberg jährlich wachsen würde. Doch die Ausgaben sollen steigen.
Wirtschaftswachstum und Inflation dezimieren Schulden
Die Zinsen müssen bezahlt werden, bis die Schulden getilgt werden. Doch von einer Rückzahlung ist in der Einigung von SPD, CDU, CSU und Grünen nicht die Rede.
Und ein Blick auf die Geschichte der Staatsschulden in Deutschland und rund um den Globus in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten zeigt: Getilgt wurden sie kaum. Da der Staat künftig mehr für Zinsen ausgeben muss, erscheint es fraglich, dass er Geld für die Rückzahlung auftreibt.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Optimisten hoffen stattdessen darauf, dass die Wirtschaft wächst und die Schulden so im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung schrumpfen. Eine andere Möglichkeit: Sie werden durch Inflation verkleinert. Wenn die Preise beispielsweise um zwei Prozent steigen, erhöht sich das Bruttoinlandsprodukt entsprechend – und auch auf diese Weise schrumpfen die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.
Historisch haben manche Staaten ihre Schulden auch mit deutlich höheren Inflationsraten dezimiert. Dabei druckten die Zentralbanken in großem Maße Geld und überwiesen die Erlöse an die Regierung, was deren Finanzen zusätzlich verbesserte.
Argentinien war seit 2001 gleich drei Mal pleite
Der Europäischen Zentralbank ist dies verboten. Die aktuelle Grundgesetzänderung veranschaulicht allerdings die Vergänglichkeit von Regeln für Finanzdisziplin.
Wenn Staaten überschuldet sind, zahlen sie das geliehene Geld am Ende der vereinbarten Laufzeit bisweilen auch nicht oder nur teilweise zurück. Ein Beispiel ist Griechenlands „Haircut“ im Jahr 2012.
Argentinien war seit 2001 gleich drei Mal pleite. Das bedeutet einen Verlust für die Kreditgeber, was insbesondere für die private Altersvorsorge heikel ist.
Denn viele Pensionskassen und ähnliche Vorsorgeeinrichtungen legen das angesparte Geld zu einem großen Teil in Staatsanleihen an.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false