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Lief alles sauber? Die Opposition will mehr über die Maskenbeschaffung des früheren Gesundheitsministers Jens Spahn erfahren.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Milliardenschaden bei Spahns Maskenbeschaffung: Der Opposition fehlen die Werkzeuge für eine wirksame Aufklärung

Ohne die AfD können Grüne und Linke keinen Untersuchungsausschuss einberufen. Die Grünen appellieren an die Regierungsfraktionen, mehr für die Aufklärung der Maskendeals zu tun.

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Es klingt wie ein Zugeständnis. „Selbstverständlich werden wir dem Haushaltsausschuss über unsere Erkenntnisse zu den Maskenkäufen berichten“, sagte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dazu würden auch die Arbeitsergebnisse der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof herangezogen, versicherte sie.

Übersetzt heißt das allerdings: Sudhofs Untersuchungsbericht zur Maskenbeschaffung von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn während der Corona-Pandemie bleibt weiter unter Verschluss. Die Abgeordneten sollen nur indirekt erfahren, welchen Schaden für den Steuerzahler Sudhof ermittelt hat – durch einen vom Gesundheitsministerium selbst verfassten Bericht.

„Die Arbeitsergebnisse von Margaretha Sudhof betreffen Mitarbeiter des Ministeriums sowie laufende Gerichtsverfahren, deswegen können wir den Bericht nicht veröffentlichen“, teilte Warkens Sprecher mit. Man werde das Parlament so transparent wie möglich unterrichten.

Grüne beantragen Ausschuss-Sondersitzungen

Die Opposition will sich damit nicht zufriedengeben. Am Mittwoch beantragten die Grünen digitale Sondersitzungen des Haushalts- und des Gesundheitsausschusses. In diesen soll Warken noch in dieser Woche persönlich Auskunft geben. Die nächste reguläre Sitzungswoche des Bundestages beginnt erst am 23. Juni. Die Regierungsfraktionen lehnten Sondersitzungen zunächst ab, die Grünen wollen diese nun bei Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) beantragen.

„Der Bericht muss umgehend der Öffentlichkeit und dem Parlament gegenüber transparent gemacht werden“, sagte Sebastian Schäffer, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. Ihn ärgert, dass sich Teile des Berichts bereits in den Medien wiederfinden, während das Parlament im Dunklen gelassen werde.

Für Unionsfraktionschef Jens Spahn sind die bisherigen Erkenntnisse wenig schmeichelhaft. Wie die „FAZ“ berichtet, soll er gegen den Rat seiner Fachabteilung festgelegt haben, dass die Bundesrepublik über den offenen Beschaffungsweg (Open-House-Verfahren) allen willigen Lieferanten Masken zu einem Mondpreis von 4,50 Euro pro Stück abnahm. Der Schaden für den Steuerzahler im Frühjahr 2020: bis zu 623 Millionen Euro.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet zudem, dass Spahn einen Logistikauftrag über 1,5 Milliarden Euro ohne Ausschreibung direkt an die Spedition Fiege aus seiner münsterländischen Heimat vergeben haben soll – gegen den Willen des formal zuständigen Innenministeriums.

Die Firma war mit dem Auftrag bald überfordert. Der Bund stoppte das Open-House-Verfahren vorzeitig. Viele geprellte Lieferanten fordern Schadenersatz. Die mögliche Schadenssumme für den Bund beläuft sich auf 2,3 Milliarden Euro, sie steigt durch Verzugszinsen weiter.

Vorerst kein Untersuchungsausschuss

Bisher sind durch die Medienberichte nur ein Bruchteil der 170 Seiten des Sudhof-Berichts ausgewertet. Die Grünen vermuten zudem, dass im Gesundheitsministerium weitere noch nicht veraktete Unterlagen zur Maskenbeschaffung liegen. Erleichtern könnte die Aufklärung ein Untersuchungsausschuss, den die Linke fordert.

Die Frage ist, wie lange sich die SPD schützend vor Jens Spahn und Nina Warken stellen will.

Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen

Die Opposition könnte ihn allerdings nur mithilfe der AfD einberufen. „Für einen Untersuchungsausschuss gibt es im aktuellen Bundestag bisher keine demokratischen Mehrheiten. Klar ist, wir werden grundsätzlich keine Entscheidungsmehrheiten mit der AfD suchen“, sagte Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen,

Er forderte die Abgeordneten von Union und SPD auf, wirkungsvoller zur Aufklärung des „Spahn-Skandals“ beizutragen. „Die Frage ist, wie lange sich die SPD schützend vor Jens Spahn und Nina Warken stellen will“, sagte Dahmen.

Die Menschen hätten ein Recht darauf zu erfahren, warum Dokumente rückdatiert wurden, warum vornehmlich CDU-nahe Firmen aus Spahns Umfeld ohne Wettbewerb in Milliardenhöhe beauftragt wurden – zu künstlich hohen Preisen, jenseits jedes empfohlenen Sachverstands.“

Bisher verhält sich die SPD nicht eindeutig. Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Tanja Machalet (SPD), will, dass der Sudhof-Bericht den Parlamentariern vorgelegt wird. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Thorsten Rudolph, hält einen Bericht des Gesundheitsministeriums für ausreichend, solange dabei alle relevanten Fakten auf den Tisch kommen.

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