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Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU)

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Ministerin Reiche und Guttenbergs Geschäfte : Transparenz darf nicht dort enden, wo es privat wird

Bisher ist wenig Anstößiges an der Förderung des Wirtschaftsministeriums für eine Firma, an der der Partner der Ministerin beteiligt ist – es sei denn, die Chefin hätte davon gewusst und nichts gesagt.

Jost Müller Neuhof
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Stand:

Kurz vor ihrem Amtsantritt hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) ihre Beziehung zu dem Ex-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg öffentlich gemacht. Die beiden wussten, warum. Sie als Ex-Lobbyistin und Ex-Managerin ganz oben im Ministerium. Er als Lobbyist, Investor und Netzwerker in der Wirtschaft. Besser, man sagt’s gleich.

Retten konnte das die beiden nicht. Jetzt gibt es Kungelei-Vorwürfe. Guttenberg hält einen Mini-Anteil an einer Firma, die aus Mitteln des Wirtschaftsministeriums gefördert wird. Das lief zwar schon so unter Minister Robert Habeck (Grüne). Doch der aktuelle Förderbescheid liegt mit rund 290.000 Euro viel höher als früher.

Es gibt bisher kein Indiz dafür, dass die Ministerin auf die Mittelverwendung Einfluss genommen hätte, die im Übrigen über Projektträger abgewickelt wird. Es gibt weder Hinweise auf Straftaten noch auf Regelverstöße.

Erledigt hätte sich die Angelegenheit aber erst, wenn berechtigte Fragen aufgeklärt sind. Dazu gehört etwa, ob die Ministerin von dem Fördergeld zugunsten ihres Freundes wusste und wann das Ministerium erfuhr, dass es einem Reiche-Partner zugutekam. Denn dann drohen Interessenskonflikte, die, wenn sie nicht aufgelöst werden, zumindest innerhalb der Behörde transparent gemacht werden müssen.

Reiche versucht es mit Förmelei

Dienstliches und Privates werden gerade auf hoher Ebene häufig ungut vermischt. Zu erinnern ist an die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die einen Bundeswehrhubschrauber für einen spektakulären Familienausflug nutzte. An Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP), der ein Grußwort ausgerechnet für jene Bank aussprach, bei der er sich einen Immobilienkredit besorgte.

Oder an Ex-Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), der „privat“ auf Medien Einfluss nahm, weil die Cum-Ex-Affäre den damaligen Kanzler Olaf Scholz nicht bei der Amtsausübung stören sollte.

Wie in jenen Fällen heißt es jetzt aus dem Reiche-Ministerium: kein „dienstliches Wissen“, also keine Auskunft. Aber privat erworbenes Wissen über dienstliche Vorgänge – das könnte es hier durchaus geben. Gerade das muss auf den Tisch, um den Eindruck, der hier entsteht, beseitigen zu können.

Stattdessen versucht es Reiche mit juristischer Förmelei, die nach Ausrede klingt. Das genügt nicht. Wenn sich bei einer Ministerin Dienstliches mit Privatem vermischt, wird Privates schnell politisch – und zum Risiko für jemanden, der noch etwas vorhat in seinem Amt.

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