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Eine S-Bahn der Deutschen Bahn fährt an einem Bahnsteig im Hauptbahnhof Dresden ein.

© dpa / Sebastian Kahnert

Modernisiert das 49-Euro-Ticket den ÖPNV?: Ein „Game Changer“ und doch nur ein erster Schritt

Endlich gibt es ein Zukunftskonzept für den Nahverkehr. Das 49-Euro-Ticket allein reicht aber nicht. Bund und Länder sind jetzt gleichermaßen gefordert.

Caspar Schwietering
Ein Kommentar von Caspar Schwietering

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Es ist auf den ersten Blick nur eine Mini-Lösung, die Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) am Donnerstag verkündeten. Bund und Länder haben sich auf die Einführung eines bundesweit gültigen 49-Euro-Abotickets für den Nahverkehr geeinigt, die finanziellen Forderungen der Länder muss nun allerdings erneut die Ministerpräsidentenrunde versuchen, zu erfüllen. Das klingt nach Formelkompromiss und ist doch ein historischer Schritt.

Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie der öffentliche Nahverkehr in Deutschland modernisiert und das Tarifchaos mit dutzenden Verkehrsverbünden aufgelöst werden kann. Die Debatte drehte sich dabei ständig im Kreis. Immer hieß es, dass günstige Preise zwar sinnvoll seien, aber nur bei besserem Angebot. Doch weil der Aufbau von mehr Bus- und Bahnverbindungen Jahrzehnte dauert, passierte stets nichts. Der große Erfolg des Neun-Euro-Tickets hat diese Selbstblockade der Verkehrspolitik endlich aufgelöst. Einen „Game Changer“ nannte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das 49-Euro-Ticket. Er hat recht. Endlich gibt es ein zwischen Bund und Ländern geeintes Konzept.

Das Ticket nützt vor allem Pendler:innen

Der Preis wurde nach der Ankündigung am Donnerstag natürlich sofort kontrovers diskutiert. Diese neue Abokarte hilft vor allem Pendler:innen. Besonders wichtig ist sie für Ballungsgebiete, wo viele Menschen von einer Stadt zur nächsten zur Arbeit fahren – etwa im Ruhrgebiet und im Rheinland, im Rhein-Main-Gebiet rund um Frankfurt und im Rhein-Neckar-Raum zwischen Ludwigshafen und Heidelberg. Dort sind städteübergreifende Abokarten bisher so teuer, dass nur vergleichsweise wenige Menschen auf das eigene Auto verzichten.

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In den Metropolen Berlin und München fällt der Vorteil gegenüber bestehenden Abokarten hingegen geringer aus. Und für viele arme Menschen, die durch das Neun-Euro-Ticket erstmals richtig mobil wurden, ist das neue Angebot wohl zu teuer. Auch für Gelegenheitsfahrer:innen sind 49 Euro zu viel. Das sind Wermutstropfen. Städte und Länder hält jedoch nichts davon ab, (auf eigene Kosten) noch günstigere Angebote zu machen – wie es Berlin mit dem 29-Euro-Ticket bereits angekündigt hat.

Für ganz Deutschland aber sind 49 Euro angemessen. Denn natürlich sind die Forderungen nach einem Angebotsausbau berechtigt. In vielen Landkreisen in Deutschland fährt derzeit nur zweimal am Tag der Schulbus. Es braucht mehr Expressbusse und mehr digital organisierte Rufbusse, aber auch auf der Schiene manche Taktverdichtung. Und dafür braucht es Geld. Drei Milliarden Euro pro Jahr kostet das 49-Euro-Ticket Bund und Länder pro Jahr. Das ist vertretbar. Eine Verlängerung des Neun-Euro-Tickets für zehn Milliarden Euro pro Jahr wäre es angesichts der desolaten Finanzlage nicht.

30 Milliarden Euro fehlen laut den Ländern allein, um das das bestehende ÖPNV-Angebot bis 2031 zu fahren. Von perfekten Anschlüssen auf dem Land und On-Demand-Verkehren bis vor die Haustür ist dabei noch gar nicht die Rede. Dabei ist diese Modernisierung, die sich Bund und Länder in einem Pakt zur Zukunft des ÖPNV versprochen haben, nötig.

In den anstehenden Verhandlungen zur Finanzierung sollten Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Ländern deshalb entgegenkommen. Sie dürfen von den Ministerpräsident:innen aber auch mehr Engagement einfordern. Viele Bundesländer lassen ihre Städte und Gemeinden beim kommunalen Nahverkehr bisher kläglich im Stich.

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