
© dpa/Daniel Bockwoldt
Messerattacke im Münchner Stadtteil Pasing: Der Islam-Hass und seine Folgen sind alltäglich geworden
Oft wird gefragt: Was kostet den deutschen Steuerzahler die Asylpolitik? Zu fragen wäre auch: Was kostet den deutschen Steuerzahler die Islamfeindschaft?

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Es geschah am vergangenen Dienstag: Ein 40-jähriger Mann sticht unvermittelt und am helllichten Tag auf zwei Männer ein, verletzt sie im Halsbereich und im vorderen und hinteren Oberkörper. Der mutmaßliche Täter wird festgenommen.
Wegen der Schwere des Angriffs und des Verdachts auf eine politische Motivation übernimmt den Fall die Generalstaatsanwaltschaft, genauer: die dort angesiedelte Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Sie ermittelt wegen zweifachen Mordversuchs. Nach ersten Erkenntnissen ist die Schuldfähigkeit des Mannes beeinträchtigt, er wird vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
Wer jetzt reflexhaft „schon wieder!“ ausruft und die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung für solche Verbrechen verantwortlich macht, übersieht ein Detail: Der mutmaßliche Täter ist ein Deutscher, der offenbar aus rassistischen und islamfeindlichen Motiven heraus die Tat begangen hat.
Eines der Opfer kam vom Gebet in der Moschee
Entsprechende Parolen soll er vor der Tat gerufen haben. Die beiden Opfer seien von ihm wohl aufgrund ihres Aussehens für Muslime gehalten worden. Einer von ihnen sei gerade vom Gebet in der Moschee gekommen.
Verübt wurde der Anschlag im Münchner Stadtteil Pasing. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) reagierte schnell und sagte: „Rassismus und Muslimfeindlichkeit haben in unserer Stadt keinen Platz.“ Er zog Parallelen zum Attentat am Olympia-Einkaufszentrum im Jahr 2016. Damals wurden von einem ebenfalls psychisch kranken und zugleich rassistischen Täter neun Menschen getötet.
„Auch damals ist ein psychisch belasteter Täter, der offensichtlich inspiriert war durch massive antimuslimische und rassistische Hetze, zur Tat geschritten“, sagte Reiter. Das zeige, wohin menschenverachtende und rassistische Parolen führen „und dass aus Worten Taten werden können“.
Der Hass und seine Folgen sind alltäglich geworden
In München und Bayern wurde die Messerattacke von Pasing aufmerksam registriert. Die „Süddeutsche Zeitung“ erstellte eine Chronologie der rechten Gewalttaten, die in den vergangenen vier Wochen in der Stadt und im Landkreis begangen worden waren. Es ist eine lange Liste, und sie belegt: Der Hass und seine Folgen sind alltäglich geworden. Überregional dagegen stieß das Verbrechen kaum auf Resonanz.
Ende Juni veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung eine neue Datenauswertung ihres Religionsmonitors 2023. Demnach würden 51 Prozent der Deutschen einen Bürgermeister allein deswegen nicht wählen, weil er Muslim ist. Jeder vierte Befragte äußert die Bereitschaft, eine Partei zu wählen, die sich explizit gegen Muslime richtet. Rund 40 Prozent würden ihr Kind nicht an einer Schule anmelden, in der auch eine kopftuchtragende Muslimin unterrichtet.
Oft wird gefragt: Was kostet den deutschen Steuerzahler die Asylpolitik? Zu fragen wäre auch: Was kostet den deutschen Steuerzahler die Islamfeindschaft? Ein tolerantes, humanes und liberales Land hat zweifellos geringere Integrationskosten als ein intolerantes, inhumanes und illiberales Land. Menschen, die keine Angst haben müssen, wegen ihrer Religion ausgegrenzt, diskriminiert und angegriffen zu werden, fühlen sich eher einer Gemeinschaft zugehörig als jene, die regelmäßig Opfer von Aggressionen und Ressentiments werden.
Wenn es einer Minderheit gut geht, geht es der Mehrheit besser: Ist das so schwer zu verstehen?
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