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Energie: Moskau und Minsk beenden Gasstreit

In buchstäblich letzter Minute haben Russland und Weißrussland ihren für die EU bedeutsamen Streit um den Preis für Gaslieferungen beigelegt. Weißrussland hatte gedroht, die Transit-Pipelines in die EU-Staaten zu sperren.

Minsk/Moskau - Zwei Minuten vor dem Übergang ins Neue Jahr unterzeichneten beide Seiten nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom eine Übereinkunft, wonach Weißrussland im Jahr 2007 hundert Dollar (76,30 Euro) pro tausend Kubikmeter Gas und damit mehr als das Doppelte als bisher bezahlen muss. Russland hatte dem Nachbarland eine Frist gesetzt und gedroht, vom 1. Januar an kein Gas mehr zu liefern.

Der weißrussische Regierungschef Sergej Sidorski sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gazprom-Chef Alexej Miller in Moskau, die weißrussische Seite habe "in einer schwierigen Atmosphäre" einen Vertrag mit "bedauerlichen Bedingungen" unterzeichnet. Gazprom-Chef Miller sagte hingegen, Weißrussland seien "die besten Konditionen" angeboten worden. Russland hatte zuletzt einen Preis von 105 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas gefordert. Laut Sidorski vereinbarten beide Seiten neben dem etwas darunter liegenden Preis von 100 Dollar, dass Russland die Kontrolle über die Hälfte des strategisch wichtigen weißrussischen Pipeline-Betreibers Beltransgaz erhalten soll. Dafür soll Russland über die kommenden vier Jahre 2,5 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) zahlen.

Gaspreis soll jährlich angehoben werden

In einer Erklärung des Gazprom-Konzerns hieß es, in den kommenden fünf Jahren, über die sich der Vertrag erstrecke, werde der Preis für die russischen Gaslieferungen an Weißrussland jährlich erhöht werden. Damit solle der Marktpreis erreicht werden, der auch den Kunden in Westeuropa abverlangt werde, die mehr als 200 Dollar zahlen. Weißrussland hatte bisher weniger als 50 Dollar pro tausend Kubikmeter für Gas aus Russland gezahlt.

Der jetzt vereinbarte Vertrag scheint den Privilegien ein Ende zu setzen, die Weißrussland als treuester Verbündeter Moskaus im einstigen sowjetischen Herrschaftsbereich bisher zugestanden bekam. Die günstigen Preise für Öl und Gas aus Russland haben seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 die weißrussische Wirtschaft gestützt, wovon die Regierung des autokratisch regierenden Staatschefs Alexander Lukaschenko profitiert.

Westeuropa hielt sich zurück

Lukaschenko kritisierte in seiner Neujahrsansprache die Haltung Moskaus. "Erneut sind wir von wirtschaftlichen Sanktionen und Isolation bedroht", so der Staatschef. Die Drohungen aus dem Westen seien nicht weiter verwunderlich, sagte Lukaschenko. Aber "die antiweißrussische Stimmung" in den Regierungen einiger befreundeter Länder sei "bedauerlich", fügte er mit Blick auf Russland hinzu.

Der staatliche russische Konzern Gazprom hatte auch andere frühere Sowjetrepubliken bei den Gaspreisen unter Druck gesetzt. Im Streit mit der Ukraine vor einem Jahr hatten sich die westlichen Regierungen hinter deren Präsidenten Viktor Juschtschenko gestellt. Aufgrund der frostigen Beziehungen der westeuropäischen Staaten und der USA zu Weißrussland hielten sie sich nun zurück.

Experten befürchteten bei einem Stopp der Gaslieferungen aus Weißrussland Folgen für die Abnehmer in der EU. Das Bundeswirtschaftsministerium verwies allerdings darauf, dass Deutschland über eine "große Speicherkapazität" für Erdgas verfüge. Von 30 Milliarden Kubikmetern Erdgas, die im Jahr über Weißrussland strömten, kämen 20 Milliarden Kubikmeter nach Deutschland. Über die Ukraine kämen dagegen jährlich zwischen 90 und 120 Milliarden Kubikmeter. (tso/AFP)

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