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Mit zeitweise rund 5300 am Hindukusch stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten war er der bislang größte Auslandsmission der Bundeswehr.

© dpa/Maurizio Gambarini

Nach Scheitern in Afghanistan: Kommission fordert klare Ziele und Exitstrategie für deutsche Einsätze

Die abschließende Bewertung der Mission am Hindukusch fällt einem Medienbericht zufolge vernichtend aus. Künftig müssten Bundeswehr, Polizei und Diplomatie deutlich besser zusammenarbeiten.

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Es ist ein Dokument des Versagens von Politik und Einsatzkräften: Die vom Bundestag eingesetzte Enquetekommission zur Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes stellt in ihrem Abschlussbericht ein massives strategisches Scheitern am Hindukusch fest. Eine Verbesserung des deutschen Krisenmanagements sei „dringend geboten“, heißt es dem „Spiegel“ zufolge darin.

Schon im Zwischenbericht im Februar 2024 war zu lesen, dass Ziele zu hochgesteckt waren und eine angemessene Strategie fehlte – und das 20 Jahre lang.

Auf knapp 100 Seiten lässt die Kommission nun trotz einiger aufgeführter Teilerfolge, etwa bei der Bildung, kaum ein gutes Haar an der Mission, aus der 60 Bundeswehrsoldaten nicht lebend zurückkehrten. 35 von ihnen starben nach Angaben des Verteidigungsministeriums durch Fremdeinwirkung.

Internationales Krisenmanagement sollte realitätsnah, ungeschönt und glaubhaft von der strategischen bis zur Umsetzungsebene kommuniziert werden.

Empfehlung der Enquetekommission des Bundestags

Die Bundeswehr war im Juni 2021 nach knapp 20 Jahren aus Afghanistan abgezogen. Im August 2021 beteiligten sich nach der Machtübernahme der Taliban deutsche Soldaten dann noch einmal an der chaotischen Evakuierungsaktion vom Flughafen der Hauptstadt Kabul. Mit zeitweise rund 5300 am Hindukusch stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten war es die bislang größte Auslandsmission der Bundeswehr.

Zwischen 2001 und 2021 waren insgesamt sechs Bundesregierungen für den Afghanistan-Einsatz verantwortlich. In dieser Zeit waren sechs Verteidigungsminister im Amt. Die Kosten waren enorm: Die Bundesregierung spricht von 17,3 Milliarden Euro, die der Einsatz deutscher Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan gekostet habe. Den weitaus größten Posten machte dabei das Militär aus.

Drastisch klingen auch die 72 Empfehlungen der Kommission für künftige Hilfsmissionen, von der Krisenfrüherkennung bis zur Korruptionsbekämpfung: Militär, Polizei und Diplomatie müssten deutlich besser zusammenarbeiten. „Zukünftige Engagements bedürfen einer ausformulierten Strategie, die klare, überprüfbare und realistische Ziele benennt.“

Es brauche zudem eine Exitstrategie. „Einsätze sollten von einer klaren Kommunikation durch die Bundesregierung begleitet werden“, so die Kommission. „Internationales Krisenmanagement sollte realitätsnah, ungeschönt und glaubhaft von der strategischen bis zur Umsetzungsebene kommuniziert werden.“

Ein Vorschlag ist ein neuer Kabinettsausschuss oder ein ähn­liches ressortübergreifendes Gremium, allerdings hatte es das im Fall Afghanistans auf Staatssekretärsebene bereits gegeben. Der Bundestag wird den Bericht sowie die Ergebnisse eines parallel eingesetzten Untersuchungsausschusses demnächst debattieren.

Die vom SPD-Abgeordneten Michael Müller geleitete zwölfköpfige Enquete-Kommission hatte im September 2022 ihre Arbeit aufgenommen. (lem)

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