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Nach Trumps Kampfansage an Europa: Deutsche Außenpolitiker fordern von der Bundesregierung Distanz zu den USA
Die USA wollen die Rechtspopulisten in Europa stärken. Mehrere Außenpolitiker im Bundestag sehen die Trump-Regierung nicht mehr als Verbündeten. Kanzler Merz schweigt bisher.
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Deutsche Außenpolitiker haben nach der Veröffentlichung der neuen nationalen Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung die Bundesregierung aufgefordert, stärker auf Distanz zu den USA zu gehen.
„Die europapolitische US-Agenda sieht eine Schwächung der demokratischen Kräfte und damit Europas vor“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem Tagesspiegel. „Präsident Trump und sein Stab möchten, wie auch in den USA, mit Tempo ein autoritäres System auf unserem Kontinent etablieren“, warnte er.
Die USA blieben für Deutschland und die EU zwar auch weiterhin ein sicherheits- und wirtschaftspolitischer Partner, aber von einem Verbündeten mit den gewohnten Gewissheiten könne keine Rede mehr sein, so Ahmetovic.
Die US-Regierung hatte am Freitag ihre neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht und darin ein düsteres Bild der Lage in Europa gezeichnet. US-Präsident Donald Trump brandmarkt darin unter anderem die aktuelle politische Landschaft in der EU als Bedrohung für amerikanische Interessen. Beklagt wird außerdem ein angeblicher Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa. Eine Kurskorrektur sei notwendig, hieß es in dem Dokument.
Es bestünden Zweifel, ob einige europäische Länder wirtschaftlich und militärisch „verlässliche Verbündete“ seien. Gewarnt wird auch vor einer „zivilisatorischen Auslöschung“ Europas, insbesondere durch „Masseneinwanderung“. Die USA wollen daher den „Widerstand“ etwa von „patriotischen Parteien“ gegen den aktuellen politischen Kurs Europas unterstützen. Gemeint sind damit offenbar rechtsgerichtete Parteien wie die AfD.
Europa wird herabwürdigend beschrieben und zum Objekt US-amerikanischer Machtpolitik.
CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter
„Europa wird herabwürdigend beschrieben und zum Objekt US-amerikanischer Machtpolitik“, sagte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Die USA seien also kein Wertepartner mehr, sondern ein Gegner der bisherigen regelbasierten Ordnung. „Europa läuft Gefahr, Gegenstand von trumpistischen Einflussinteressen zu werden“, sagte er.
Europa müsse gesellschaftliche, militärische und geoökonomische Stärke entwickeln, um nicht zum Spielball von den USA, Russland oder China zu werden, forderte er. Auf Deutschland mit seiner Scharnierfunktion und noch vorhandenen ökonomischen Stärke komme es jetzt besonders an, sagte Kiesewetter.
Auch Ahmetovic forderte „ein geschlossenes, selbstbewusstes und stärkeres Europa“, das weiter an zusätzlichen Bündnissen arbeite. Konkret warb er für eine stärkere wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden.
Wer sich einmal Trumps Bully-Methoden beugt, wird morgen nur noch mehr verachtet und weiter erpresst.
Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger
„Wer sich einmal Trumps Bully-Methoden beugt, wird morgen nur noch mehr verachtet und weiter erpresst“, warnte auch die Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger. „Wenn die USA die Ukraine im Stich lassen und den Kriegsverbrecher Putin als Gewinner seines brutalen Krieges vom Platz gehen lassen, kriegen sie ein echtes Problem mit Europa“, sagte sie.
Merz will Streit nicht befeuern
Diplomatisch äußerte sich am Samstag hingegen die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Die Vereinigten Staaten seien „immer noch unser größter Verbündeter“, sagte Kallas beim Doha Forum in Katar. „Natürlich gibt es da viel Kritik, aber ich denke, etwas davon ist auch wahr“, sagte die Estin über die Anschuldigungen der US-Regierung gegen Europa.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hatte bereits am Freitag gesagt, die USA „sind und bleiben unser wichtigster Verbündeter“ in der Nato. Zugleich betonte er aber, Deutschland brauche „keine externen Ratschläge“ zu Fragen der freien Meinungsäußerung oder „der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften“.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich bisher nicht zur neuen nationalen Sicherheitsstrategie der USA geäußert. Offenbar will man in der Bundesregierung den drohenden Riss im Verhältnis zu den USA nicht durch eine scharfe Reaktion weiter vertiefen. (mit AFP/dpa)
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