zum Hauptinhalt
Wechselt ins Europaparlament: die bisherige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU).

© Doris Spiekermann-Klaas

Nachfolge für Marlene Mortler noch offen: Drogenbeauftragte wechselt ins Europaparlament

Die CSU-Politikerin Marlene Mortler ist für viele eine Reizfigur, auch im Rezo-Video taucht sie auf. Nun wechselt sie ins Europaparlament.

Die Bundesregierung braucht eine neue Drogenbeauftragte. Die CSU-Politikerin Marlene Mortler, die dieses Amt bisher bekleidet, wurde am Sonntag überraschend ins Europaparlament gewählt – und sie wird dieses Mandat, wie es aussieht, wohl auch annehmen. Über die Nachfolge ist noch nicht entschieden.

Mortler werde zum 1. Juli Mitglied des Europäischen Parlaments, teilte ihre Sprecherin dem Tagesspiegel auf Anfrage mit. Ihre Aufgaben als Drogenbeauftragte werde sie "bis zu einer geordneten Übergabe weiterführen".

Auf unsicherem Listenplatz

Nach Angaben des Bundeswahlleiters gehört Mortler zu den gewählten 96 Europa-Abgeordneten aus Deutschland. Dabei war dieser Wechsel trotz Mortlers Kandidatur nicht unbedingt vorhersehbar. Die 63-Jährige aus Mittelfranken belegte nur den unsicheren Listenplatz Sechs, die Chancen auf einen Einzug der Fränkin ins Europaparlament standen aus ihrer Sicht halbe-halbe. Doch anders als die CDU verbuchten die Christsozialen Zugewinne und errangen tatsächlich sechs Sitze in Brüssel – einen mehr als bisher.

Für Mortler bedeutet das nach 17 Jahren im Bundestag und fünf Jahren als Drogenbeauftragte der Bundesregierung nun nochmal einen politischen Neuanfang. Allerdings ist anzunehmen, dass sich die gelernte Hauswirtschafterin in Brüssel wieder ihren früheren fachlichen Schwerpunkten zuwendet. Bevor sie sich auf Geheiß des früheren Gesundheitsministers Hermann Gröhe um Kiffer und Junkies, die Auswüchse des Tabak- und Alkoholkonsums und auch um die Opfer von Spiel- und Onlinesucht zu kümmern hatte, war die Tochter eines fränkischen Hopfenbauers Expertin für Agrarpolitik, Ernährung und Tourismus und wurde zwischenzeitlich sogar für den Posten der Landwirtschaftsministerin gehandelt.

Weshalb sie sich für die Kandidatur entschieden hat, erzählte Mortler ihrer Heimatzeitung, dem "Donaukurier". Als der Oberpfälzer EU-Abgeordnete Albert Dess seinen Rückzug ankündigt habe, habe sie gefordert, dass die CSU wieder einen Agrarexperten zur Europawahl aufstellen müsse. "Ich habe dabei nicht an mich gedacht", versicherte Mortler. Doch dann sei man im Oktober 2018 in der Partei auf sie zugekommen und habe sie gebeten, zu kandidieren. Nach "langer und reiflicher Überlegung" habe sie zugestimmt.

Hardlinerin gegen Cannabis

Gut möglich, dass dabei auch Frust über ihren bisherigen Posten mitgespielt hat. Zwar hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die als Hardlinerin geltende Drogenbeauftragte trotzig im Amt gehalten. Doch bei SPD und Opposition steht die CSU-Politikerin mächtig unter Beschuss. Nicht nur, weil sie unbeirrt von allen gesellschaftlichen Debatten gegen die Legalisierung von Cannabis kämpft. Auch aus konservativer Sicht war Mortlers harscher Cannabis-Kurs alles andere als erfolgreich.

Suchtexperten werfen Mortler zudem vor, nicht mit der gleichen Vehemenz gegen den Alkoholkonsum zu Felde zu ziehen. Und bei ihrem Versuch, endlich auch in Deutschland ein Tabakwerbeverbot durchzusetzen, fiel der CSU-Frau die eigene Fraktion in den Rücken. Der Gesetzentwurf, den das Kabinett bereits vor drei Jahren verabschiedet hat, ist aus Rücksicht auf Tabakhersteller und Werbeindustrie immer noch nicht umgesetzt.

Zuletzt war die Drogenbeauftragte auch in dem millionenfach angeklickten Video des Youtubers Rezo als Beispiel für die „krasse Inkompetenz“ von Politikern in Sachen Drogenpolitik vorgeführt worden. Sie sei die "wohl am häufigsten beleidigte Abgeordnete", klagte Mortler einmal gegenüber ihrer Heimatzeitung. In all ihren Abgeordnetenjahre habe sie keine Lobby erlebt, die so "brutal" agiere wie die Hanf-Aktivisten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false