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Politik: Nahost: Auf dem Kriegspfad aus der Krise

Während die arabischen Regierungen die USA und die Vereinten Nationen um ein Eingreifen im Nahostkonflikt bitten, scheint die libanesische Hisbollah den bedrängten Palästinensern militärisch zu Hilfe kommen zu wollen. So schoss die islamistische Organisation in der Nacht zum Dienstag erstmals seit dem israelischen Rückzug aus Südlibanon im Mai 2000 eine Katyusha-Rakete nach Nordisrael.

Während die arabischen Regierungen die USA und die Vereinten Nationen um ein Eingreifen im Nahostkonflikt bitten, scheint die libanesische Hisbollah den bedrängten Palästinensern militärisch zu Hilfe kommen zu wollen. So schoss die islamistische Organisation in der Nacht zum Dienstag erstmals seit dem israelischen Rückzug aus Südlibanon im Mai 2000 eine Katyusha-Rakete nach Nordisrael. Es gab zwar keine Verletzten. Israel feuerte Raketen auf Hisbollah-Stellungen im Libanon. Und die Angst vor einer Ausweitung der Kriegshandlungen steigt in der Region und insbesondere in Israel. Bereits am Wochenende hatte die Hisbollah Mörsergranaten auf israelische Stützpunkte in den umstrittenen Shebaa-Farmen abgefeuert, israelische Kampfflugzeuge bombardierten daraufhin mehrere Hügel in Südlibanon.

Zum Thema Online Spezial: Nahost Fotostrecke: Der Nahe Osten zwischen Krieg und Friedensplänen Umfrage: Gehören Arafat und Scharon in den Ruhestand? Der Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, hatte am Wochenende erklärt, seine Organisation werde den Palästinensern zu Hilfe kommen, wenn sie massiv von der israelischen Armee bedrängt würden. Er verglich die jetzige "historische" Situation mit der von 1948, als vor und während Israels Unabhängigkeitskrieg hunderttausende von Palästinenser aus ihrer Heimat flohen. Den arabischen Regimen warf er vor, dass sie "nicht mehr als Reden" zu Stande brächten. Dabei bräuchten die Palästinenser "Geld, Waffen und Männer."

Dass die Hisbollah versucht, Waffen nach Palästina zu schmuggeln, hatte Scheich Nasrallah bereits am 8. März öffentlich erklärt. Dies sei beispielsweise der Auftrag der vier Hisbollah-Mitglieder gewesen, die bereits im Herbst in Jordanien festgenommen worden waren. Die jordanische Regierung hatte sie im Februar stillschweigend nach Libanon abgeschoben, nachdem es Gerüchte gegeben hatte, die Männer sollten an Israel ausgeliefert werden. Scheich Nasrallah hatte damals den jordanischen König Abdallah II. brüskiert, indem er öffentlich erklärte, kein Monarch könne die Araber davon abhalten, den Palästinensern zu Hilfe zu kommen.

Die Hisbollah hat sich durch ihren Kampf gegen die israelische Invasion Südlibanons großes Ansehen in der arabischen Welt erworben. Seit dem Rückzug der Israelis war es lange ruhig und es gab nur vereinzelte Angriffe auf die israelischen Stützpunkte in den Schebaa-Farmen, die nach internationalem Recht zu Syrien gehören. Seither ist die Popularität der Organisation, die das gesamte Leben in Südlibanon regelt, nach Angaben des libanesischen Historikers Munzur Jaber, der an der Libanesischen Universität unterrichtet, stark gesunken. Am deutlichsten sei dies bei dem schlechten Abschneiden der Hisbollah bei den Kommunalwahlen letztes Jahr geworden, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch die Tatsache, dass bei den schiitischen Ashura-Feiern vor zehn Tagen nur Zehntausende teilnahmen im Gegensatz zu den 500 000 Menschen im vergangenen Jahr, erklärt Jaber mit dem schwindenden Rückhalt der militärischen und politischen Bewegung bei der libanesischen Bevölkerung. Daher ist es nicht undenkbar, dass die Hisbollah die Sympathien der Bevölkerung wiedergewinnen will, indem sie bedrängten Palästinensern zu Hilfe kommt.

Doch da die Hisbollah eng mit Syrien verbandelt ist, macht Israel Damaskus für jede Bewegung der Organisation direkt verantwortlich. Das israelische Militär fürchtet, dass Bashar al-Assad der Hisbollah jetzt grünes Licht für Angriffe auf Israel gegeben hat. Im vergangenen Jahr hatte Israel als Reaktion auf Hisbollah-Angriffe syrische Radarstationen zerstört. Damit geriet der syrische Präsident, der einen militanten Diskurs gegenüber Israel führt, extrem unter Druck. Er reagierte nicht auf die Angriffe.

Dennoch fürchten Experten, dass Assad beim nächsten Mal zurückschlagen könnte, um sein Gesicht in der arabischen Welt zu wahren.

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