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Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.

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Update

Möglicher Chemiewaffen-Einsatz: Nato droht Syrien mit "unverzüglicher Reaktion"

Syrien verfügt offenbar über hunderte Tonnen Nervengas, über deren Einsatz nun spekuliert wird. Die westlichen Verbündeten drohen mit Konsequenzen, falls es dazu kommt.

US-Präsident Barack Obama hat die Regierung des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Das wäre ein „tragischer Fehler“, der Folgen haben werde, wobei die Verantwortung dafür Assad und seine Gefolgsleute trügen, sagte Obama am Montag in einer in Washington gehaltenen Rede. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte, Syrien werde im Fall eines Chemiewaffeneinsatzes „zur Rechenschaft gezogen“.

Die EU reduziert ihre Präsenz in Syriens Hauptstadt Damaskus auf ein Minimum, auch die Uno verringert ihre Aktivitäten.

"Wir können nicht zulassen, dass das 21. Jahrhundert sich durch die schlimmsten Waffen des 20. Jahrhunderts verfinstert“, sagte Obama in seiner Rede. Die US-Regierung werde „weiterhin die legitimen Bestrebungen der Syrer unterstützen, mit der Opposition zusammenarbeiten, ihnen humanitäre Hilfe liefern und auf ein vom Assad-Regime befreites Syrien hinarbeiten“.

Der jordanische Außenminister Nasser Dschudeh sagte in der US-Hauptstadt, der Einsatz von Chemiewaffen würde „die Spielregeln verändern“. Damaskus wisse, „dass die internationale Gemeinschaft das nicht akzeptieren würde“ - weder gegen das syrische Volk noch gegen Nachbarländer und auch nicht, wenn die Waffen in falsche Hände gerieten. In Syriens Nachbarland Jordanien ist seit einigen Monaten eine 150 Mann starke US-Task-Force stationiert, darunter Soldaten von Spezialkommandos.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnte vor einer „unverzüglichen Reaktion“ der internationalen Gemeinschaft, falls Chemiewaffen eingesetzt würden. „Die syrischen Bestände an chemischen Waffen sind ein Grund für große Sorge“, sagte Rasmussen am Dienstag in Brüssel vor einem Treffen der Nato-Außenminister. Ein möglicher Einsatz „wäre vollkommen inakzeptabel“ und er „würde eine unverzügliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft erwarten“. Die Nato wisse, dass Syrien Chemiewaffen und Raketen besitze, sagte Rasmussen. Deswegen sei es eine „dringende Angelegenheit“, die Verteidigung des Nato-Partners Türkei zu sichern.

Stunden zuvor hatte bereits US-Außenministerin Hillary Clinton Syrien davor gewarnt, die chemischen Waffen aus den Arsenalen des Landes einzusetzen. Ein C-Waffen-Einsatz sei eine „rote Linie“ für die USA, sagte Clinton bei einem Besuch in Prag. Washington habe Reaktionen auf einen solchen Fall vorbereitet.

Die „New York Times“ berichtete über Hinweise auf Vorbereitungen für einen Einsatz der Chemiewaffen durch die syrische Seite. Aus Regierungskreisen in Washington hieß es, das syrische Militär habe möglicherweise mit der Mischung von Chemikalien begonnen, die für das Nervengas Sarin benötigt würden.

Westerwelle nannte den Einsatz von Chemiewaffen „völlig inakzeptabel“. Wer auch immer die Verwendung von Chemiewaffen erwäge, solle wissen, „dass ihn die Welt dafür zur Rechenschaft ziehen“ werde. Der Außenminister forderte zudem ein „sofortiges Ende der Gewalt in Syrien“ und eine „Übergabe der Macht an Institutionen des Übergangs“.

Das Außenministerium in Damaskus erklärte, Syrien werde „diese Art Waffen, wenn es welche davon besitzt, unter keinen Umständen gegen sein Volk einsetzen“. Der syrische Außenminister Walid al-Muallim hatte den USA im Oktober vorgeworfen, die Debatte über das Chemiewaffenarsenal seines Landes als Vorwand für ein militärisches Eingreifen in Syrien nutzen zu wollen. Al-Muallim zog dabei eine Parallele zum Irak-Krieg von 2003, zu dessen Rechtfertigung die USA unter anderem das angebliche Chemiewaffen-Arsenal Bagdads angeführt hatten. Dies stellte sich nach der Invasion als falsch heraus.

Syrien dagegen verfügt Experten zufolge über beträchtliche C-Waffen-Bestände aus den 1970er Jahren. Mit mehreren hundert Tonnen seien sie die größten im Nahen Osten, unter anderem lagere Syrien Nervengas. Die syrische Führung erklärte Ende Juli, Chemiewaffen im Fall eines Angriffs aus dem Ausland einsetzen zu wollen, nicht aber gegen die eigene Bevölkerung. Es war das erste Mal, dass Damaskus offen den Besitz von Chemiewaffen einräumte. Obama drohte daraufhin im August erstmals direkt mit einem militärischen Eingreifen in Syrien.

Die Europäische Union fährt ihre diplomatische Präsenz in Damaskus „aus Sicherheitsgründen“ auf „ein Minimum“ herunter. Das erklärte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Montag in Brüssel. Zuvor hatten die Vereinten Nationen angekündigt, „nicht zwingend notwendige Mitarbeiter“ angesichts der Sicherheitslage aus Syrien abzuziehen. (AFP)

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