zum Hauptinhalt
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gibt ein Statement.

© Imago/Steinsiek.ch/James Zabel

Neuer Streit in der Koalition: Union stoppt offenbar Wehrdienstgesetz von Pistorius

Schwarz-Rot ist uneins über das Gesetz des Verteidigungsministers der SPD. Jetzt droht Medienberichten zufolge eine Eskalation. Die Union will demnach Änderungen erreichen. Der Unmut wächst.

Stand:

Alles wieder gut bei uns. Dieses Signal wollte Friedrich Merz nach dem Debakel um die von der Union blockierte Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf für das Verfassungsgericht und der darauf folgenden Krise der schwarz-roten Koalition senden, als CDU/CSU und SPD ihre Klausurtagung beendet hatten.

„Wir haben es wirklich in den letzten Monaten geschafft, eine sehr, sehr gute, sehr kollegiale, sehr offene Arbeitsatmosphäre in dieser Koalition zu schaffen“, sagte der Kanzler und CDU-Chef am Mittwoch. „Und deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass die uns gestellten Aufgaben gelöst werden können.“

Ich bin für die sofortige Wehrpflicht.

Johann Wadephul, Außenminister (CDU)

Doch nun gibt es offenbar schon den nächsten Zoff. Medienberichten zufolge haben CDU/CSU die für kommende Woche geplante erste Lesung des Wehrdienstgesetzes von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Bundestag gestoppt. Dies berichten die „Bild“ und der „Spiegel“.

Union will wohl Änderungen am Wehrdienst-Gesetz

Demnach will die Union noch vor der ersten Lesung Änderungen an dem Gesetzentwurf erreichen, den das Kabinett bei einer Sitzung im Verteidigungsministerium am 27. August verabschiedet hatte.

CDU/CSU wollen vor allem durchsetzen, dass verbindliche Zielmarken für den geplanten personellen Aufwuchs der Bundeswehr definiert werden. Wenn diese verfehlt werden, müsse die Wehrpflicht wieder greifen – so verlangt es die Union.

„Wir haben es geschoben, weil der Gesetzentwurf angesichts der aktuellen Bedrohungslage noch nicht weit genug geht. Es darf bei der Wehrpflicht jetzt keine halbgaren Lösungen geben“, heißt es der „Bild“ zufolge wegen der aktuellen Drohnenvorfälle aus der Union.

Die Wehrpflicht war in Deutschland im Jahr 2011 ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Anstelle des Zivildienstes wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Sie ist aber – nur für Männer geltend – weiter im Grundgesetz verankert und könnte mit einfacher Mehrheit wieder eingeführt werden. Für eine allgemeine Dienstpflicht, die beispielsweise auch für Frauen gilt, müsste das Grundgesetz geändert werden.

Die SPD beharrt darauf, dass der neue Wehrdienst freiwillig bleibt. In der Kabinettsfassung für das Gesetz hat Pistorius vorgesehen, dass die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestags die Einziehung von Wehrpflichtigen veranlassen kann, wenn „die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist“.

Gesetzentwurf lässt Pistorius Spielraum

Diese Regelung ließe dem Minister Spielraum bei der Einschätzung, ob der Personalbedarf gedeckt werden kann oder nicht.

In der SPD und im Verteidigungsministerium zeigte man sich überrascht über das Vorgehen der Unionsfraktion – ein unnötiger Affront aus Sicht der Genossen. Änderungen an dem Gesetzentwurf seien auch noch nach der ersten Lesung im Bundestag möglich, etwa nach der ebenfalls geplanten Sachverständigenanhörung, wie es im Bericht des Magazins heißt.

Die „Bild“ schreibt, die SPD schäume intern vor Wut, versuchte aber nach außen die Fassung zu wahren, um die Union doch noch zur Zustimmung zu bewegen. „Die Gespräche laufen. Die Erstellung der Tagesordnung ist immer ein dynamischer Vorgang. Die endgültige Tagesordnung wird kommenden Dienstag in der Runde der Fraktionsgeschäftsführer festgelegt“, zitiert das Blatt eine Sprecherin der Fraktion.

Nach Wadephul auch Spahn für Wehrpflicht

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte sich am Mittwoch erneut dafür ausgesprochen, die ausgesetzte Wehrpflicht wieder zu aktivieren. „Ich bin für die sofortige Wehrpflicht“, sagte er der Funke Mediengruppe. „Aber das müssen wir in der Koalition miteinander besprechen.“

Zustimmung erhielt er von Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU). „Wir müssen als Gesellschaft unser Bewusstsein an die Lage anpassen. Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden“, sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

„Wenn die These des Verteidigungsministers stimmt, dass Putin 2029 Nato-Gebiet angreifen könnte, dann kann die gemeinsame Schlussfolgerung nur sein, dass wir beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein müssen. Also: Ja, da hat Jo Wadephul Recht.“

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte eine Wehrpflicht in den kommenden Jahren klipp und klar ausgeschlossen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })