
© dpa/Kay Nietfeld
„Noch in diesem Jahr“: Pistorius fordert Tempo beim neuen Wehrdienst
Nach der Einigung von Union und SPD auf einen neuen Wehrdienst will der alte und wohl auch neue Verteidigungsminister zügig ein Gesetz. Die Linke kritisiert das geplante schwedische Modell.
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Jetzt soll es bei der Bundeswehr schnell gehen: Der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius erwartet Tempo bei der Einführung eines neuen Wehrdienstmodells. „Wir haben in den letzten Monaten weiter an den entsprechenden Grundlagen gearbeitet, sodass die nächsten Schritte gleich nach Bildung der nächsten Regierung folgen können“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Dem „Spiegel“ sagte Pistorius: „Das entsprechende Gesetz ist weitgehend vorbereitet, es könnte noch dieses Jahr in Kraft treten.“ Sein Haus könne „zügig einen Entwurf vorlegen“.
Die Schweden haben das über mehrere Jahre erfolgreich praktiziert.
Boris Pistorius, Verteidigungsminister (SPD)
Pistorius gilt nach den Koalitionsverhandlungen seiner Partei mit der Union quasi als gesetzt für eine weitere Amtszeit. Im aktuellen Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel ist er weiter mit Abstand der beliebteste Politiker. Er sagte der dpa, dass die Wiederaufnahme der Wehrerfassung und Wehrüberwachung erste geplante Schritte seien. „Sobald das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, können wir die ersten Wehrdienstleistenden aufnehmen und ausbilden“, sagte er.
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Union und SPD wollen ein neues und zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell einführen. So steht es im Koalitionsvertrag. „Wir gehen davon aus, dass wir mit einem attraktiven Wehrdienst genügend Freiwillige gewinnen werden. Sollte das eines Tages nicht der Fall sein, wird zu entscheiden sein, junge Männer verpflichtend einzuberufen“, sagte Pistorius dazu.
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Freiwilligkeit gilt – solange genug Soldaten gefunden werden
Die Wehrpflicht war in Deutschland im Juli 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, denn es wurden auch alle nötigen Strukturen aufgelöst, obwohl die Wehrpflicht für Männer wieder gilt, wenn der Spannungs- und Verteidigungsfall eintritt.
SPD und Union seien sich einig, dass es einen Aufwuchs der Bundeswehr sicherzustellen gelte. „Damit sind nicht nur die stehenden Streitkräfte gemeint, also die rund 180.000 Männer und Frauen, sondern auch die Reserve“, so Pistorius. Allerdings gebe es nicht mehr die gleichen Kapazitäten wie vor 30 Jahren. Es fehlen Betten, Kasernen, Ausbilder und Material. „Wir werden im ersten Jahr vermutlich rund 5000 Wehrdienstleistende zusätzlich haben“, so Pistorius.
Pistorius will sich beim Wehrdienst am Modell orientieren, das in Schweden gilt. Männer ab 18 Jahren müssten demnach einen Fragebogen ausfüllen. „Das gewährleistet die Wehrerfassung. Dann spricht die Bundeswehr die für sie geeigneten Personen an, ob sie einen Grundwehrdienst ableisten wollen“, sagte er dem Magazin.
Die möglichen Koalitionspartner von CDU, CSU und SPD hatten sich darauf geeinigt, dass der Wehrdienst „zunächst“ für alle freiwillig sein soll. Frauen können den Fragebogen ausfüllen, müssen aber nicht.
Probleme, damit den Personalbedarf der Bundeswehr zu decken, erwartet Pistorius nicht. „Die Schweden haben das über mehrere Jahre erfolgreich praktiziert. Auch wir gehen davon aus, dass wir in den ersten Jahren genügend Freiwillige gewinnen können, über eine Pflicht müssen wir dann gar nicht diskutieren“, sagte er. Nur wenn die Zahlen am Ende zu klein ausfallen, so der SPD-Politiker, „wäre über Pflichtelemente zu entscheiden“.
Der Linken-Co-Vorsitzende Jan van Aken übte scharfe Kritik an den Koalitionsplänen für ein Wehrdienstmodell nach schwedischem Vorbild. Der Oppositionspolitiker warf Union und SPD vor, einen „Zwang durch die Hintertür“ zu installieren, berichtete der „Spiegel“. Van Aken verlangt zudem in einem Positionspapier eine Volksbefragung aller 16- bis 25-Jährigen, wie sie zur Frage einer Wiedereinsetzung der Wehrpflicht stehen.
Van Aken forderte einen Richtungswechsel der Bundeswehr. Auslandseinsätze müssten beendet und für die Zukunft ausgeschlossen werden, um die Bereitschaft zu erhöhen, sich freiwillig zu melden. „Die wenigsten, die bereit sind, an der Landesverteidigung mitzuwirken, sind deswegen auch bereit, das eigene Leben am Hindukusch oder bei anderen militärischen Abenteuern zu riskieren.“
Die Zahl der Männer und Frauen in der Bundeswehr ist trotz verstärkter Personalwerbung unter dem Strich rückläufig. Stand 31. Januar 2025 gab es nach Angaben des Verteidigungsministeriums 182.857 Männer und Frauen in Uniform. Ende 2022 hatte die Bundeswehr noch 183.050 Soldaten.
Gleichzeitig wird die Bundeswehr immer älter: Während das Durchschnittsalter Ende 2019 noch 32,4 Jahre betrug, ist es bis Ende 2024 auf 34 Jahre gestiegen.
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