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Parteienrechtler Morlok hält nicht viel von einem NPD-Verbot.

© dpa

NPD-Verbotsverfahren: „Ein Verbot macht nicht viel Sinn“

Der Parteienrechtler Martin Morlok hält nicht viel von einem Verbot der NPD. Er sagt, es könne sogar gefährlich sein.

Herr Morlok, die Länder wollen jetzt einen neuen Anlauf für ein NPD- Verbotsverfahren starten. Ist das sinnvoll?

Man muss zwei Aspekte unterscheiden. Hat ein Verfahren juristisch Aussicht auf Erfolg und macht es politisch Sinn? Leider ist die Frage, was man mit einem NPD-Verbot erreicht, in der Diskussion zurzeit völlig unterbelichtet.

Und was erreicht man damit?
Vermutlich nicht viel. Natürlich ist die NPD ein Ärgernis. Aber die Gesinnung ihrer Wähler und Mitglieder bekommt man damit nicht weg. Im Gegenteil. Möglicherweise treibt man sie so in den Untergrund, und es wird noch schwieriger, sie zu beobachten. In freiheitlichen Demokratien gibt es rechtsradikales Potenzial, daran müssen wir uns gewöhnen.

Das heißt, Sie raten von einem Verbot ab?
Ich würde es nicht machen. Und mein Eindruck ist, dass dieses Thema eine Eigendynamik entfaltet hat, die von der Politik selbst angeheizt wurde. Jetzt haben die Länder, aber auch der Bund ein Problem und wissen nicht, wie sie es lösen können. Viele Argumente für ein neues Verbotsverfahren gibt es nicht, die derzeitige Debatte ist vor allem Symbolpolitik. Und es ist eher gefährlich, wenn man versucht, den politischen Gegner auf diese Art aus dem Weg zu räumen.

Was sind denn die größten Hürden?
Da bleibt das V-Mann-Problem und die Frage, ob das so gelöst ist, wie behauptet wird. Und es gibt die Ungewissheit darüber, wie das Gericht entscheiden wird. Das letzte Parteiverbot ist über 50 Jahre her, seitdem hat sich auf vielen Feldern die Rechtsauffassung verändert.

Was könnte sich genau verändert haben?
Wir sind eine viel gefestigtere Demokratie als noch vor 50 Jahren. Man muss weniger Angst vor extremistischen Parteien haben. Die Bedrohungsszenarien sind andere. Dass die NPD in Deutschland kurz vor der Machtübernahme steht, kann man nicht behaupten, ganz im Gegenteil. Sie ist ein regional auftretendes Problem.

Verstößt die NPD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung?
Dafür muss man die Materialsammlung kennen. Es wird wohl darauf ankommen, ob die Partei dafür eintritt, unveräußerliche Rechte Dritter abschaffen zu wollen. Entscheidend dürfte sein, wie weit ihre Ausländerfeindlichkeit wirklich geht.

Sollten sich die Länder für ein neues Verbotsverfahren entscheiden, müsste dann der Bundestag mitziehen?
Nein. Es besteht kein Grund, sich künstlichen Zwängen zu unterwerfen.

Martin Morlok ist Professor für Parteienrecht an der Universität Düsseldorf. Mit ihm sprach Christian Tretbar.

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