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Mehr Geld für die Autobahn, aber nicht für die Bahn: So lässt sich der Beschluss des Koalitionsausschusses zusammenfassen.

© imago images/Jochen Eckel/imago stock

Koalition einigt sich auf Verkehrsprojekte: Für Autobahnen ist plötzlich Geld da, für die Bahn nicht

Trotz Sondervermögens drohte ein Neubau-Stopp bei Straße und Schiene. Der schwarz-rote Koalitionsausschuss will das verhindern. Doch mehr Geld verspricht Finanzminister Klingbeil nur für Autobahnen.

Stand:

Geht es nach Bundeskanzler Friedrich Merz, ist nun bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur alles klar. „Alles was baureif ist, wird gebaut“, sagte der CDU-Politiker nach dem Koalitionsgipfel. Das gilt laut Merz sowohl für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen als auch für den Ausbau des Schienennetzes.

Es ist ein vollmundiges Versprechen, das auch nötig ist, um die Glaubwürdigkeit der schwarz-roten Koalition wieder herzustellen. Denn in den Wochen und Monaten zuvor haben die Bauindustrie und der frühere Bahnchef Richard Lutz mehrfach gewarnt, dass der Ausbau des Autobahn- und des Schienennetzes in den kommenden Jahren vollständig zum Erliegen kommen könnte.

Denn dafür fehlten die Gelder in den Haushaltsplanungen von Schwarz-Rot. Die für die Verkehrsinfrastruktur vorgesehenen Mittel reichten gerade einmal für die Sanierung des Bestands. Der Öffentlichkeit war das kaum zu vermitteln.

Schließlich hat Schwarz-Rot 500 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen, um mit einem Sondervermögen in den kommenden zwölf Jahren Deutschlands Infrastruktur in Ordnung zu bringen. Doch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) strich dafür den regulären Verkehrsetat im Bundeshaushalt ordentlich zusammen – um rund zehn Milliarden Euro pro Jahr.

Bei den Autobahnen schlägt Verkehrsminister Schnieder Alarm

Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) ließ das zunächst mit sich geschehen und schlug erst spät Alarm. Mitte September legte er auf Druck der Unionsfraktion eine Liste mit dutzenden Autobahnprojekten vor, die nun wegen Klingbeils Finanzplanung nicht gebaut werden können. Um diesen Baustopp zu verhindern, forderte er 15 Milliarden Euro zusätzlich von Klingbeil.

Auch nach dem Koalitionsausschuss konnte Klingbeil kaum verhehlen, wie sehr ihn die Aktion geärgert hat. Als nicht hilfreich ordnete er den Streit schließlich nach kurzem Zögern ein. Mehr Geld erhält der Verkehrsminister jetzt aber trotzdem – allerdings nicht die geforderten 15 Milliarden Euro.

Denn Schnieders Liste hielt man im Finanzministerium für völlig überzogen. Auf ihr befanden sich auch viele Projekte, die in dieser Legislaturperiode ohnehin nicht fertig geplant werden können – also nicht baureif werden. Klingbeil und Merz verwiesen darauf, dass der fehlende Betrag durch eine Überprüfung auf 4,7 Milliarden Euro zusammengeschrumpft sei.

Im Sondervermögen stellt Klingbeil jetzt drei Milliarden Euro zusätzlich für den Autobahn-Ausbau bereit. Dafür verwendet er Gelder, die nun doch nicht für neue Chipfabriken benötigt werden. Bleibt eine Lücke von rund 1,7 Milliarden Euro.

Friedrich Merz liefert für die Schiene nur Lippenbekenntnisse, während er bei der Straße mehr Geld ausgeben will

Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag

Diese soll nun durch Bürokratie-Abbau und damit schnellere Bauverfahren sowie durch eine teilweise private Finanzierung von Bauprojekten aufgebracht werden. Doch selbst die Koalition ist unsicher, ob sich die Lücke so schließen lässt. In zwei Jahren will man deshalb noch mal überprüfen, ob die Mittel wirklich reichen.

Auch bei der Bahn fehlt viel Geld

Merz‘ Versprechen, dass alle baureifen Projekte umgesetzt werden, ist aber noch aus einem anderen Grund sehr gewagt. Denn auch bei der Bahn besteht eine Finanzierungslücke. Der Koalitionsausschuss hat aber keine Lösung gefunden, wie diese geschlossen werden kann.

Bereits im Juli teilte das Bundesverkehrsministerium dem Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel mit, dass bis 2029 insgesamt 2,3 Milliarden Euro fehlen, um alle baureifen Projekte für den Ausbau des Schienennetzes umzusetzen. Teilweise kursieren aber auch höhere Schätzungen. So bedeutende Projekte wie die ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim oder der Ausbau der Oberrheinstrecke drohen dadurch trotz baldiger Baureife nicht angegangen zu werden. Dazu, wie diese Lücke gefüllt werden kann, verloren Merz und Klingbeil am Donnerstagmorgen kein Wort.

„Friedrich Merz liefert für die Schiene nur Lippenbekenntnisse, während er bei der Straße mehr Geld ausgeben will“, sagte Gastel dem Tagesspiegel. Der Schiene fehlten bis 2039 insgesamt 59 Milliarden Euro – trotz Sondervermögens.

Gastel wirft der Bundesregierung eine falsche Prioritätensetzung vor. „Das Autobahnnetz in Deutschland ist weitgehend vollständig ausgebaut, während die Züge beispielsweise zwischen Hamburg und Hannover auf der 1847 gebauten und völlig überlasteten Strecke fahren müssen.“ Friedrich Merz zwinge mit seiner Politik die Menschen ins Auto und stelle sicher, dass die Züge auch in zehn Jahren noch unpünktlich führen.

Der CDU-Verkehrspolitiker Michael Donth zeigte sich hingegen zufrieden, dass die Bundesregierung auf Druck der Unionsfraktion nun mehr Geld zur Verfügung stellt. „Sowohl für die Straße als auch für die Schiene werden wir Aus- und Neubau ermöglichen – ohne Sanierungen zu vernachlässigen“, sagte er dem Tagesspiegel. Das sei ein großer Erfolg für die Verkehrspolitiker der Union im Bundestag.

Jetzt müssten die baureifen Projekte nacheinander begonnen werden. „Klar ist aber auch: Wir müssen weiter dafür kämpfen, langfristig mehr Mittel für Verkehrsinfrastrukturprojekte bereitzustellen!“

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