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Israels Regierungschef Naftali Bennett sieht einen "Erfolg für den Staat Israel".

© Ahmad Gharabli,AFP

Israels Regierung besteht Bewährungsprobe: Parlament stimmt Haushalt zu

Mit dem Votum sind Neuwahlen abgewendet.

Israels bunte Acht-Parteien-Regierung hat eine ihrer bisher schwersten Bewährungsproben überstanden – und ihre mittelfristigen Überlebenschancen erheblich erhöht. Erst stimmte die Knesset, Israels Parlament, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag für einen neuen Staatshaushalt, den ersten seit dreieinhalb Jahren. Freitagmorgen verabschiedete sie dann auch noch das Budget für 2022. „Ein Feiertag für den Staat Israel!“, jubelte Ministerpräsident Naftali Bennett auf Twitter.

Genau 61 Abgeordnete stimmten für den Haushalt für das laufende Jahr, 59 dagegen. Die Wahl für das 2022er Budget fiel ähnlich knapp aus. Bis spätestens zum 14. November hätte die Regierung den Haushalt für das laufende Jahr verabschieden müssen, für das Budget des Folgejahres hätte sie bis zum kommenden März Zeit gehabt. Hätte die Regierung eine der beiden Deadlines verpasst, hätte die Knesset sich automatisch aufgelöst, und es hätte zu Neuwahlen kommen müssen – wieder einmal.

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Den letzten Haushalt hatte die Knesset im März 2018 für 2019 beschlossen. Seitdem diente dieses Budget notgedrungen als Basis für die Folgejahre. Denn bald darauf begann ein Kreislauf aus Wahlen, ergebnislosen Koalitionsverhandlungen und Neuwahlen, die erst im Frühling 2020 zumindest zeitweise ein Ende fand: Der langjährige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bildete eine Koalition aus rechten, religiösen und zentristischen Parteien, die jedoch kein Jahr später ausgerechnet an einem Streit um den Haushalt zerbrach. Aus den anschließenden Wahlen im März dieses Jahres ging die aktuelle Acht-Parteien-Koalition unter Bennett hervor, die rechte, linke und arabische Kräfte vereint.

"Sozial und verantwortungsbewusst"

Viele Beobachter prophezeiten dem abenteuerlichen Bündnis ein rasches Ende; Netanjahu, der widerwillig in die Opposition ziehen musste, spricht bis heute von einer „temporären“ Regierung und verspricht seinen Anhängern bei jeder Gelegenheit, bald selbst wieder das Amt des Regierungschefs zu übernehmen. Mit der Verabschiedung des Haushalts hat Bennetts Regierung jedoch die zuvor konkreteste Bedrohung ihres Fortbestehens aus dem Weg geräumt. Das Volumen des Haushalts für 2021 umfasst umgerechnet 165 Milliarden Euro. Vorgesehen sind unter anderem erhöhte Ausgaben für Bildung, öffentliche Transportmittel, technologische Infrastruktur und den arabischen Sektor. Die vernachlässigte Infrastruktur arabischer Städte zu stärken und gegen die dort ausufernde Kriminalität vorzugehen, zählt zu den Schlüsselforderungen der arabischen Ra’am-Partei, mit vier Mandaten kleinster Partner in Bennetts Koalition.

Die Knesset stimmte für die Haushalte 2021 und 2022
Die Knesset stimmte für die Haushalte 2021 und 2022

© dpa

Geplant sind zudem Reformen im Bankwesen, bei der Lebensmitteleinfuhr und den regulatorischen Prozessen bei der Firmengründung. Außerdem sollen die Steuern auf Einweggeschirr steigen, das viele israelische Familien in großen Mengen verbrauchen. Kritiker behaupten, dieser Schritt treffe vor allem sozioökonomisch schwache Bevölkerungskreise. Finanzminister Avigdor Lieberman wiederum verweist auf Anstrengungen, die hohen Lebenshaltungskosten zu senken, etwa durch die geplante Vereinfachung von Lebensmittelimporten. Den beschlossenen Haushalt beschreibt er als „sozial und verantwortungsbewusst“.

Netanjahu patzt bei der Abstimmung

Netanjahu wirft der Regierung vor, in Wahrheit die Preise für Strom, Benzin, Obst und Gemüse in die Höhe zu treiben und zudem die Steuern zu erhöhen, entgegen Bennetts Wahlversprechen. „Bennett tut immer das Gegenteil von dem, was er verspricht“, stichelte er auf Twitter. Der Ministerpräsident wiederum beschrieb Netanjahus laufende Kritik diese Woche als „gestörte Delegitimierungskampagne und Fake News“.

Während der Abstimmung zum Budget erhielt Bennett unerwartete Unterstützung des Oppositionsführers: Im Zuge der zahlreichen Wahlgänge, die sich bis in die frühen Donnerstagmorgenstunden hinzogen, stimmte Netanjahu in einem Punkt versehentlich mit der Regierung. „Es passiert, dass man beim Wählen durcheinanderkommt“, schrieb er anschließend auf Twitter. „Fragt alle, die für Bennett gestimmt haben.“

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