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Nach den Ausschreitungen findet vor der Synagoge in Gelsenkirchen eine Kundgebung gegen Antisemitismus statt.

© dpa/Fabian Strauch

Parolen bei Synagoge: Zwei Verdächtige nach antisemitischer Demo in Gelsenkirchen ermittelt

Vor der Synagoge in Gelsenkirchen riefen Demonstranten Hetzparolen gegen Israel. Die Polizei kommt bei der Identifizierung Verdächtiger voran.

Im Fall eines antisemitischen Demonstrationszugs in Gelsenkirchen nahe einer Synagoge sind die ersten zwei Tatverdächtigen ermittelt worden. Man sei zuversichtlich, weitere Tatverdächtige zu identifizieren, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Aus der Bevölkerung habe man zahlreiche Hinweise erhalten.

Aus der Gruppe der rund 180 Demonstranten heraus seien Videos veröffentlicht worden, die ebenfalls ausgewertet würden. Auch in Solingen, Düsseldorf, Bonn und Münster hatte es in den vergangenen Tagen antisemitische oder anti-israelische Ausschreitungen gegeben. Der Landtag will sich mit den Vorfällen befassen und auch den Polizeieinsatz in Gelsenkirchen beleuchten.

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In einem per Twitter verbreiteten Video des Zentralrats der Juden sind Sprechchöre mit antisemitischen Inhalten bei der Demo in Gelsenkirchen zu hören. Erkennbar sind vor der Synagoge Menschen unter anderem mit palästinensischer, türkischer und tunesischer Flagge. Die Polizei habe Strafanzeigen gegen Unbekannt gefertigt - wegen Verdacht auf Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung, berichtete der Sprecher.

Bei den Tatverdächtigen handele es sich um einen 26 Jahre alten Deutsch-Libanesen aus Gelsenkirchen und einen 30-jährigen Deutschen, der ebenfalls in Gelsenkirchen wohne, teilte die Polizei am Freitag mit.

Auf dem via Twitter verbreiteten Video ist auch zu sehen, dass Beamte trotz der Parolen nicht eingriffen. Der Polizeisprecher sagte, es seien zunächst nicht genug Kräfte vor Ort gewesen. Wären die Beamten „in die Versammlung reingegangen“, hätten sie die Polizeikette zum Schutz der Synagoge aufgeben müssen, schilderte er.

Am Mittwoch hätten sich am Bahnhof zunächst zehn Personen versammelt, danach habe sich sehr schnell eine Gruppe von rund 180 Menschen formiert, die sich Richtung der einige hundert Meter entfernten Synagoge bewegte. Beamte, die im Zuge eines Schalke-Fußballspiels am Bahnhof waren, hätten schnell umgeschaltet und eine Polizeikette um das Gotteshaus gebildet.

Kundgebung gegen Antisemitismus vor Synagoge Gelsenkirchen

Die Teilnehmer der nicht angemeldeten Demo zogen laut Polizei wieder Richtung Bahnhof ab. Da Gefahrenabwehr Priorität vor Strafverfolgung habe, sei die Polizeikette zum Schutz der Synagoge weiter nicht aufgeben worden. Als dann Verstärkung am Bahnhof eintraf, sei die Demo bereits aufgelöst gewesen.

[Mehr zum Thema: Steinwürfe und Aufmärsche vor Synagogen: Das sind die Gruppen, die jetzt den Hass schüren (T+)]

An der Synagoge in Gelsenkirchen haben sich am Freitag nach Polizeiangaben rund 300 Menschen versammelt, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren. Sie folgten damit einem Aufruf der Gelsenkirchener „Initiative gegen Antisemitismus“, die als Reaktion auf eine antisemitische Demonstration am Mittwoch an der Synagoge zur Teilnahme aufgerufen hatte. Bei der unangemeldeten Demonstration waren auch antisemitische Hetzparolen gerufen worden.

Stadt Hagen hängt Israel-Flagge ab

Die Stadt Hagen hängte derweilen eine israelische Flagge ab. Dieser Schritt habe „ausschließlich der Deeskalation“ gedient und sei am Mittwoch auf Aufforderung der Polizei erfolgt, teilte die Stadt am Freitag mit. Zuvor hatte die Kommune auf Bitten der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft vor ihrem Rathaus die israelische Flagge gehisst, um auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland am 12. Mai 1965 hinzuweisen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten sei das Hissen der Flagge aber von vielen Menschen als einseitige Solidaritätsbekundung aufgefasst worden, hieß es nun seitens der Stadt. In der Verwaltung und bei der Polizei seien am Mittwoch viele Beschwerden eingegangen. Am Mittag habe die Polizei die Kommune dann dringend aufgefordert, die Fahne sofort abzuhängen. Damit habe sich die Stadt Hagen keineswegs in dem aktuellen Konflikt politisch positioniert, betonte der parteilose Oberbürgermeister Erik O. Schulz. (dpa)

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