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Karl Lauterbach nimmt eine Petition gegen die Abschiebung der zehn kolumbianischen Pflegekräfte entgegen.

© Marlene Jacobsen

Pflegeheim befürchtet Schließung: Zehn Mitarbeiter sollen abgeschoben werden

Weil zehn Pflegehelfer aus Kolumbien das Land verlassen sollen, droht einem Pflegeheim nahe Bremen die Schließung. Der Gesundheitsminister nahm eine Petition gegen die Abschiebungen entgegen.

Stand:

Tino Wohlmacher sitzt vor dem Bundesgesundheitsministerium und hält ein übersetztes Schreiben einer kolumbianischen Guerillaorganisation in der Hand, der „Nationalen Befreiungsarmee“, kurz ELN. Sein Mitarbeiter Diego Arenas hat es bekommen, als er 14 Jahre alt war. Heute arbeitet Arenas in Deutschland in einem Pflegeheim für Demenzkranke, das Wohlmacher in Wilstedt, nahe Bremen, betreibt.

Diego Arenas soll für die ELN kämpfen, sobald er volljährig wird, steht in dem Schreiben, und: „Wir wollen deiner Familie keinen Schaden zufügen“. Um dem zu entkommen, ist Arenas 2022 mit 18 Jahren nach Deutschland gereist.

Drohbrief von Guerillaorganisation reichte nicht als Nachweis

Während er auf seinen Asylbescheid wartete, hat er angefangen, als Pflegehelfer zu arbeiten. Weitere Familienmitglieder folgten ihm nach Deutschland, wurden ebenfalls von Wohlmacher angestellt.

Den Drohbrief von der Guerillaorganisation hat Arenas als Nachweis eingereicht. Genützt hat ihm das nichts. Er und neun weitere kolumbianische Mitarbeiter des Pflegeheimes „Haus Wilstedt“ sollen nun abgeschoben werden.

Ich finde es wichtig, dass wir Pflegekräfte haben, die aus Ländern kommen, in denen die Pflege typischerweise sehr gut ist. Das ist in Kolumbien der Fall.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

Die Abschiebungen würden das Aus für das Pflegeheim bedeuten, denn die Kolumbianer stellen ein Drittel der Pflegekräfte. Die weggefallenen Stellen mal eben neu besetzen – undenkbar in Zeiten des Arbeitskräftemangels, sagt Tino Wohlmacher.

84.000 Unterschriften gegen die Abschiebung

Deshalb haben Angehörige von demenzkranken Menschen, die im „Haus Wilstedt“ gepflegt werden, eine Petition gestartet, um die Abschiebungen zu stoppen, und sie am Mittwochmittag an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) übergeben. Fast 84.000 Mal wurde die Petition online unterschrieben.

„Ich habe mich mit Ihrem Anliegen sehr intensiv beschäftigt und werde nach einer Lösung suchen“, sagte Lauterbach. „Ich finde es wichtig, dass wir Pflegekräfte haben, die aus Ländern kommen, in denen die Pflege typischerweise sehr gut ist. Das ist in Kolumbien der Fall“, sagte Lauterbach.

Paradox: Die Bundesregierung wirbt Pflegekräfte aus Kolumbien aktiv an. Eine Migrationskooperation zwischen den Ländern soll dafür sorgen, dass Kolumbianer kein Asyl beantragen, sondern als Arbeitskräfte einreisen. Denn weniger als ein Prozent der Asylanträge von Kolumbianern sind erfolgreich.

Die zehn Kolumbianer, deren Abschiebung die Petition verhindern soll, sind am Mittwoch in Berlin nicht dabei. „Weil die gerade arbeiten“, sagt Tino Wohlmacher.

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