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Für ihren Umgang mit rechten Mitgliedern stehen die Piraten in der Kritik.

© dapd

Piratenpartei: Piraten haben die Pest an Bord

Bei der Piratenpartei ist der Versuch gescheitert, ein Mitglied in Rheinland-Pfalz nach zweifelhaften Äußerungen zum Holocaust auszuschließen. Das rügt jetzt der Zentralrat der Juden.

Von Matthias Meisner

Die Piratenpartei kann die Debatte über geschichtsrevisionistische Äußerungen in ihren Reihen nicht eindämmen. Der Zentralrat der Juden forderte die Partei am Mittwoch auf, „konsequent gegen rechtsradikale Parteimitglieder vorzugehen“ und sie „schleunigst“ über Bord zu werfen. Andernfalls würden „solche Piraten ihr neues Flaggschiff ganz schnell zum Sinken bringen“, sagte Präsident Dieter Graumann. Er nahm damit Stellung zum gescheiterten Versuch der Piraten, das in Rheinland-Pfalz aktive Mitglied Bodo Thiesen auszuschließen.

Thiesen hatte einen verurteilten Holocaust-Leugner unterstützt und die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg relativiert. Auch Piratenchef Sebastian Nerz gab zu, dass Thiesen seiner Partei „schweren Schaden“ zugefügt habe. Allerdings sei ein Ausschlussverfahren wegen eines Formfehlers nicht möglich gewesen. Das Bundesschiedsgericht der Partei hatte am Montag geurteilt, Thiesen sei bereits 2008 verwarnt worden, nun komme „eine erneute Ahndung mit einem Ausschluss nicht in Betracht“.

Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen Steffi Lemke meinte dazu: „Dieses Schiedsgerichtsurteil ist inakzeptabel und unverantwortlich. Denn im Klartext heißt es, dass Piraten-Mitgliedschaft und Holocaust-Leugnung vereinbar sind. Dieses Problem muss die Piratenpartei umgehend lösen.“. Die Vizechefin der Linkspartei, Halina Wawzyniak, sagte dem Tagesspiegel, grundsätzlich müssten Parteien zwar selbst entscheiden, wen sie in ihren Reihen haben wollten. Ihr erscheine der Verzicht auf einen Parteiausschluss Thiesens aber „schwierig, um es vorsichtig zu formulieren“. Dass eine Partei jung ist, dürfe keine Entschuldigung für nachlässigen Umgang mit rechtsradikalen Sprüchen sein.

Erika Steinbach geißelt den "Nichtprogrammansatz" der Piraten

Wenig verwundert zeigte sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, seit 1998 auch Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Sie sagte dem Tagesspiegel: "Die nahezu ungefilterte Möglichkeit, Mitglied der Piraten mit jedweder politischer Position zu werden, saugt Menschen mit extremen Positionen von politischen Rändern geradezu an. Sowohl von rechts als auch von links. Eine Partei mit einem nahezu Nichtprogrammansatz kann sich darüber nicht wundern."

Thiesen hatte ausweislich einer parteiinternen Dokumentation auf einer Mailingliste der Piraten den verurteilten Holocaust-Leugner Germar Rudolf verteidigt. Er schrieb demnach 2008: „Wenn Polen Deutschland den Krieg erklärt hat (und das hat Polen indirekt durch die Generalmobilmachung), dann hatte Deutschland jede Legitimation, Polen anzugreifen.“ Weiter erklärte er: „Nun, bis vor einigen Monaten glaubte ich auch, dass diejenigen, die ,Auschwitz leugnen’ einfach nur pubertäre Spinner sind. Damals hatte ich aber auch noch nicht Germar Rudolf gelesen. Sorry, aber das Buch prägt einfach – zumindest wenn man objektiv ran geht.“

Nach Diskussionen in der Partei versicherte Thiesen dann ein Jahr später, er lehne „faschistische Bestrebungen jeder Art“ entschieden ab. 2010 dann diskutierte er wieder zum Thema. Nach Angaben der Bundesschiedskommission kritisierte er unter anderem den Begriff „Holocaust“ für den Völkermord unter dem Naziregime. Diese Äußerungen freilich nannte die Schiedskommission zwar „sprachlich nicht besonders geschickt formuliert sowie politisch und historisch in hohem Maße unsensibel“. Aber „an keiner Stelle“ sei eine Holocaustleugnung oder -relativierung zu erkennen gewesen. Allerdings gab die Schiedskommission zu, die Dauer des seit 2009 laufenden parteiinternen Verfahrens gegen Thiesen sei "überlang" gewesen.

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