
© dpa/Kay Nietfeld
Presseschau zum TV-Duell: Scholz „kann doch Emotionen“ und Merz ist der „Kanzler der Vernünftigen“
Vielen Kommentatoren fehlen Visionen und wirkliche Gegensätze. Während manche die Sachlichkeit der Debatte begrüßen, empfinden andere sie als langweilig. Ein Überblick.
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Am Sonntagabend diskutierten Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) bei ARD und ZDF im ersten diesjährigen TV-Duell miteinander. Wie bewertet die Presse die Leistung der beiden Kanzlerkandidaten?
Die „Zeit“ sieht Olaf Scholz als Gewinner und attestiert ihm einen „souveränen, kämpferischen Auftritt“. Merz hingegen habe lediglich „keine groben Fehler begangen“. Angesichts der Umfragewerte sei der knappe Punktsieg des Kanzlers allerdings „unbefriedigend“ und „zu wenig“. Positiv hervorzuheben sei hingegen der Ton der Debatte. Trotz „trumpistischer Töne“ sei die hiesige politische Kultur „von amerikanischen Verhältnissen weit entfernt“.
Daran schließt auch die „Tagesschau“ an: Das Duell sei ruhig und sachlich verlaufen. Merz und Scholz hätten sich herzlich lachend bereit erklärt, Koalitionsgespräche zu führen: „Miteinander sprechen geht“. Dafür sei das Duell weitgehend langweilig gewesen; „und das ist etwas, was in diesem Wahlkampf von Anfang an fehlte: Visionen. Bilder für die Zukunft.“
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Dass Merz und Scholz „bekümmernd wenig“ zu den großen Zukunftsfragen sagten, fand auch der „Spiegel“. Nicht nur wirkten beide Kandidaten inhaltlich aus der Zeit gefallen, sondern auch das Format: „Der inszenierte Zweikampf schmeichelt Scholz und der SPD“. Deutschland sei kein Zwei-Parteien-System und angesichts der schwachen SPD-Werte lasse das Format „die Genossen aussichtsreicher erscheinen, als sie tatsächlich sind“.
Auch aus Sicht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ seien Scholz und Merz gar nicht als Herausforderer aufeinandergetroffen: „Merz hat sich mit allem, was er sagt, auf die SPD als Mehrheitsbeschaffer eingestellt. Schnittmengen gibt es genug.“ Insofern „täuschte das Duell einen Gegensatz vor, den es nicht gibt“. Gezeigt habe sich nur wieder einmal, dass „Scholz der Pro-Grüne, Merz dagegen der Anti-Grüne ist.“
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Die „Welt“ sieht keinen klaren Sieger und eine verpasste Chance. Sie beobachtete aber einen Rollenwechsel im TV-Duell. Der Herausforderer Merz habe den besonnenen Staatsmann und „nicht den Spalter und Polarisierer“ gegeben und der Kanzler den „Angreifer mit heftigen Verbalattacken“. Scholz fiel der Rollentausch allerdings leichter als Merz: „Er kann ja doch Emotion. Merz musste am Ende darum ringen, seine Gefühle wie geplant zu zügeln.“
Die „Bild“ vergleicht das TV-Duell mit einem Fußball-Finale, in dem einer „seinen Kanzler-Titel verteidigen“ und der andere sich „den Titel erstmals sichern“ will. 13 Tage vor dem Abpfiff sei das Spiel aber gelaufen, Scholz habe „so gut wie keine Chance mehr“. Zu wenig habe er Merz ernsthaft in Bedrängnis gebracht, der alle Attacken lächelnd abprallen ließ und „beinahe staatsmännisch“ auftrat.
Der „Münchner Merkur“ hingegen sieht Merz als klaren Gewinner. Dessen Rezept „gegen einen bissigen Scholz: Fakten, Ruhe und keine Reaktion auf persönliche Angriffe“. Während Scholz unsympathisch wirkte, sei Merz ruhig und sachlich aufgetreten: „Deutschland ist ein Land, das Sachlichkeit und Ruhe in der Führung bevorzugt, das hat Merz für dieses Duell geliefert und so Olaf Scholz geschlagen.“
Auch der „Focus“ sah Merz als Sieger und „Kanzler der Vernünftigen“. Scholz sei aufgetreten „wie einer, der mit Beförderung rechnet, wo in Wahrheit doch die Abberufung droht.“ Merz Gegenrede hingegen sei „ein 90-minütiger Faktencheck“ gewesen und er habe „Kanzlerformat geliefert“. Allerdings habe er keinerlei große politische Visionen präsentiert, „wissend, dass im deutschen Vielparteiensystem jede Form der Vision nur dem Gegner nützt“. (Trf)
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