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Prozess gegen Daniela Klette beginnt bald: Werden die Geheimnisse der dritten RAF-Generation nun gelüftet?
In Kürze soll der Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette beginnen. Kommt dann die Wahrheit über die Taten der dritten Generation der Terrorgruppe ans Licht?
- Butz Peters
- Michael Sontheimer
- Wolfgang Kraushaar
Stand:
Jahrzehnte lebte die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette im Untergrund. In Kürze soll am Landgericht Verden der Prozess gegen die 66-Jährige beginnen. Klette gehörte der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an.
Vor Gericht steht sie, weil sie zusammen mit ihren mutmaßlichen Mittätern Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub schwere Raubstraftaten verübt haben soll, um das Leben im Untergrund zu finanzieren. Garweg und Staub sind noch auf der Flucht. Gegen das Trio bestehen auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Für diese Ermittlungen ist die Bundesanwaltschaft zuständig.
Die dritte RAF-Generation soll mehrere Morde begangen haben, von denen viele noch nicht aufgeklärt sind. Bringt der Prozess gegen Klette nun Licht ins Dunkel? Drei Experten geben ihre Einschätzung ab. Weitere Folgen des Formats „3 auf 1“ finden Sie hier.
Noch nie hat ein Mitglied der dritten RAF-Generation ausgepackt
Die Nebelschwaden, die über den Taten der dritten RAF-Generation lasten, wird der Prozess gegen Klette vor dem Landgericht Verden nicht lichten: zehn Morde des letzten Aufgebots der RAF (1984-1998). Unter anderem an Treuhand-Chef Rohwedder und Deutsche-Bank-Chef Herrhausen. Aufgeklärt wurde bislang nur ein einziger Mord. Der an dem GSG-9-Beamten Newrezella 1993 in Bad Kleinen.
Zur RAF-Wahrheitsfindung wird Klettes Strafverfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts beitragen, weil sie nicht wegen RAF-Taten angeklagt wurde, sondern weil sie zu einem „RAF-Rentner-Trio“ gehört haben soll, das – nach Auflösung der RAF 1998 – 13 Räubereien begangen haben soll. Beute über zweieinhalb Millionen Euro.
Erst in einem zweiten Verfahren, das die Bundesanwaltschaft vorbereitet, wird es um ihre Rolle in der Terrortruppe gehen. Sein Beginn steht in den Sternen. Aber auch in ihm ist nicht zu erwarten, dass sie auspackt. Erstens hat dies noch nie ein Mitglied der dritten RAF-Generation getan. Und zweitens schwadronierte sie jüngst in der alten RAF-Mörder-Diktion vom „Kampf um Befreiung“, in dem es um eine „Welt ohne Gier nach Geld“ ginge. Ausgerechnet sie.
Bei einem Geständnis würde ihr eine neue Anklage drohen
Wer sich von der Hauptverhandlung gegen Daniela Klette Erkenntnisse über die Morde der dritten Generation der RAF erhofft, wird enttäuscht werden. Klette ist nicht wegen Aktionen der RAF angeklagt, der sie spätestens seit 1990 angehörte und die sich im April 1998 aufgelöst hat.
Die Staatsanwaltschaft Verden wirft der geborenen Karlsruherin vor, anschließend bewaffnete Alterssicherung mit ihren Ex-Kampfgenossen Burkhard Garweg und Volker Staub praktiziert zu haben; bei 13 Raubüberfällen in Norddeutschland; Gesamtbeute 2,7 Millionen Euro.
Klette hat offenbar keinen Deal mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt, nach dem sie sich gegen das Gestehen einiger Anklagepunkte eine Verurteilung zu lebenslanger Haft ersparen würde. Sie sieht ihre Raubzüge als legitime antikapitalistische Aktionen. Zur RAF äußert sie sich nicht.
Was sollte ihr das auch bringen? Ziemlich sicher eine neue Anklage. Auch wenn die beiden flüchtigen Männer des RAF-Rentner-Trios noch verhaftet würden, sie haben ebenfalls kein Motiv, auszusagen. Von den elf Morden der dritten Generation der RAF in den Jahren 1985 bis 1993 ist nur ein einziger aufgeklärt. Eine jämmerliche Bilanz der Bundesanwaltschaft und des Bundeskriminalamtes.
Licht ins Dunkel wird der Prozess nicht bringen
Von allen ungelösten Terrortaten der RAF gilt die zwischen 1985 und 1991 verübte Anschlagsserie zu Recht als der mit Abstand schwerwiegendste Komplex. Die Erwartung jedoch, dass nun nach vier Jahrzehnten durch das Gerichtsverfahren gegen Daniela Klette Licht ins Dunkel der dritten Generation geworfen werden könnte, ist unbegründet.
Denn in dem anstehenden Prozess vor dem Landgericht Verden geht es nicht um Terrorismus, sondern um Schwerstkriminalität, um eine Serie von 13 schwerbewaffneten Überfällen auf Geldtransporter und Supermärkte. Die knapp 700 Seiten umfassende Anklageschrift behandelt ausschließlich die zwischen 1999 und 2016 durchgeführten Beutezüge, die Klette und ihren beiden Kumpanen Garweg und Staub zur Last gelegt werden.
Zu trennen davon sind die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Ob es in deren Vernehmungen der Angeklagten zu einem „Deal“ wegen ihrer mutmaßlichen Rolle bei RAF-Anschlägen zwischen 1990 und 1993 gekommen sein könnte, ist zwar nicht ganz auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich.
Eine Kronzeugenregelung käme nur dann in Betracht, wenn Klette ihr Wissen vor Eröffnung des Hauptverfahrens preisgegeben hätte. Eine solche Regelung bezöge sich jedoch auf einen bislang ohnehin nicht in Aussicht gestellten Prozess wegen früherer RAF-Taten.
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