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Reaktionen auf Scholz‘ Abschiebe-Machtwort: „Wie soll man das machen?“
Kanzler Scholz hat im Bundestag eine Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan und Syrien angekündigt. Ein Überblick zu den teils sehr unterschiedlichen politischen Reaktionen.
Stand:
Ein 25-jähriger Afghane hatte vergangene Woche bei einer islamkritischen Kundgebung in Mannheim mehrere Menschen mit einem Messer verletzt, darunter einen 29-jährigen Polizisten, der später an seinen Verletzungen starb. Daraufhin entbrannte in Deutschland eine Debatte über den Umgang mit ausländischen Straftätern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag dafür ausgesprochen, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. Wie genau er das ermöglichen will, sagte der Kanzler nicht.
„Wie soll man das machen?“
Die Grünen im Bundestag halten die Abschiebung von afghanischen Straftätern für schwierig umsetzbar. „Wie soll man das machen?“, fragte Fraktionschefin Britta Haßelmann am Donnerstag in ihrer Antwort auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag. Es sei zwar klar: „Menschen, die schwere Straftaten begehen, müssen nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden.“ Doch Haßelmann bezweifelte, dass man mit den in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban über ein Abschiebeabkommen verhandeln könne.
„Auch wird zu klären sein und zu prüfen sein, für welches Drittland es attraktiv sein soll, Terroristen oder schwere Straftäter aufzunehmen. Bin gespannt darauf, welche Antworten wir darauf finden“, sagte sie. Einfache Antworten werde es jedenfalls nicht geben.
Auch Grünen-Parteichef Omid Nouripour betonte: „Das ist nicht so einfach, nach Afghanistan abzuschieben.“ Er warnte vor Verhandlungen mit den Taliban. Diese dürften nicht anerkannt werden und es dürfe auch kein Geld fließen, „weil die dieses Geld nutzen, Terrornetzwerke auch bei uns in Deutschland zu finanzieren“. „Wer leichtfertig sagt, dann lasst uns mit den Taliban reden: Das ist eine Terrororganisation, die Landstriche besetzt und Terror ausübt“, betonte Nouripour.
„Die Abschiebung islamistischer Straftäter nach Afghanistan und Syrien muss ermöglicht werden“
Die FDP unterstützt einen schärferen Kurs bei Abschiebungen als Konsequenz aus antisemitischen Vorfällen und der tödlichen Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim. „Die Abschiebung islamistischer Straftäter nach Afghanistan und Syrien muss ermöglicht werden“, sagte Fraktionschef Christian Dürr am Donnerstag im Bundestag. „Wer hier bei uns islamistisch motivierte Straftaten begeht, von Volksverhetzung und Judenhass bis hin zu schweren Gewalt- und Tötungsdelikten, bedarf offenkundig keines Schutzes vor islamistischen Regimen.“ Dürr sprach sich auch für weitere Beschränkungen bei EU-Asylregelungen aus.
Seit der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban in Kabul 2021 sind Abschiebungen in das Land gestoppt.
„Mit diesen Grünen werden Sie keine Abschiebungen nach Afghanistan hinbekommen“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat Kanzler Scholz vorgeworfen, die angekündigten Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien mit den Grünen in der Ampel-Regierung nicht durchsetzen zu können. „Ich sage Ihnen, mit diesen Grünen werden Sie keine Abschiebungen nach Afghanistan hinbekommen, weil sie wollen das einfach schlichtweg nicht“, sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten am Donnerstag im Bundestag in seiner Antwort auf die Regierungserklärung von Scholz.
Es gehe in der aktuellen Debatte zudem „nicht um die Sicherheitslage in Afghanistan. Es geht um die Sicherheitsherstellung in Deutschland. Das ist Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren“, rief Dobrindt an die Ampel-Politiker gewandt. Dobrindt verlangte von der Regierung einen „Aktionsplan politischer Islam mit klaren Inhalten“. So müssten Forderungen nach Einführung eines Kalifats in Deutschland strafrechtlich verfolgt und islamistische Organisationen verboten werden. Wer islamistischen Terror verbreite, müsse die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, und wer islamischen Hass predige, müsse das Land verlassen. Dies müsse die wehrhafte Demokratie leisten, forderte der CSU-Politiker und sagte an Scholz gewandt: „Das ist Ihre Aufgabe, auch Herr Bundeskanzler, Ihre persönliche Aufgabe.“
Merz bietet Zusammenarbeit an und sagt: „Jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden“
Vor dem Hintergrund des tödlichen Messerangriffs auf einen Polizisten in Mannheim hat CDU-Chef Friedrich Merz ein schärferes Vorgehen gegen islamistische Gewalt gefordert. „Das war kein Unfall, das war ein Terroranschlag, ein heimtückischer Mord“, sagte Merz am Donnerstag im Bundestag.
Angesichts aktueller Herausforderungen zeigte er sich auch zu einem parteiübergreifenden Vorgehen in Sicherheitsfragen bereit. Konkret forderte der CDU-Chef die umgehende Schließung des Islamischen Zentrums in Hamburg, das er als „Brutstätte des Islamismus“ bezeichnete. Internetplattformen wie Tiktok müssten strenger kontrolliert, die Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten ausgebaut werden.
Vor allem drang Merz auf mehr Abschiebungen von Gewalttätern, auch nach Afghanistan. Dafür sollten bestehende „technische Kontakte“ zu den dort regierenden radikalislamischen Taliban genutzt werden. Merz antwortete mit seiner Rede auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz, der ebenfalls Abschiebungen von Straftätern auch nach Afghanistan gefordert hatte.
Ausdrücklich lobte der CDU-Chef die Ausführungen von Scholz zu der Gewalttat in Mannheim und zu seiner Trauer um den getöteten Polizisten: „Sie, Herr Bundeskanzler, haben für diese Trauer die richtigen Worte gefunden, dafür danken wir Ihnen.“ „Kalifatsdemonstranten, Antisemiten, Rechts- und Linksextremisten treten so unverhohlen auf, wie seit Jahrzehnten schon nicht mehr“, mahnte Merz.

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„Viele dieser Feinde unserer Demokratie eint ein offensichtlich tief sitzender und weit verbreiteter Antisemitismus“, sagte er weiter. Ein solcher Antisemitismus aber „darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Mit Blick auf die Herausforderungen für die innere und äußere Sicherheit sagte Merz: „Darauf müssen wir gemeinsam und klar reagieren.“
Bei allen Meinungsverschiedenheiten gehe es darum, „dass wir wenigstens einen kleinen gemeinsamen Nenner finden, um zusammen das Richtige für unser Land zu tun“, fügte er an Scholz und an die Ampel-Koalition gewandt hinzu. Weiter sagte der Oppositionsführer: „Ich biete ihnen an, dass wir diesen Weg mit den demokratischen Fraktionen in diesem Haus gemeinsam gehen.“ Das Ziel müsse sein, „dass wir gemeinsam versuchen, die drängenden Probleme unseres Landes zu lösen“. Dazu gehörten auch Kompromisse, aber „jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden“.
Weidel gibt nach Messeranschlag Regierung politische Mitschuld
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat der Ampel und den Vorgängerregierungen eine politische Mitverantwortung für den tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim gegeben. Der Polizistenmörder sei ein Musterbeispiel für das migrationspolitische Versagen dieser Regierung und ihrer CDU-geführten Vorgänger, sagte Weidel am Donnerstag im Bundestag nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz.
„Ihre Ideologie der offenen Grenzen und der schrankenlosen unkontrollierten Einwanderung beruht auf Illusionen und Lügen, die Menschenleben kosten“, sagte Weidel. Der Täter von Mannheim sei kein Einzelfall, sondern einer von vielen Attentätern und Gewaltverbrechern, die als vermeintliche Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien. „Aus dem Niedergang der inneren Sicherheit kann es nur eine vernünftige Konsequenz geben und das ist eine grundsätzliche Migrationswende, und zwar sofort“, sagte sie und forderte Grenzschließungen und Abschiebungen auch nach Afghanistan.(dpa/AFP)
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