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Flyer und Anstecker mit der Aufschrift «Kein Ort für Neonazis» liegen am 10.04.2013 in der Amadeu-Antonia-Stiftung in Berlin.

© dpa

Report der Amadeu-Antonio-Stiftung: "Rechtsextremismus ist kein rein ostdeutsches Problem"

Rechtsextremismus wird vor allem als ostdeutsches Problem gesehen. Die Amadeu-Antonio-Stiftung kommt zu einem anderen Ergebnis. Was sagt ihr aktueller Report?

Ein Kino in Wuppertal im November 2010. Das Medienprojekt Wuppertal will den Streifen „Das braune Chamäleon“ zeigen. Ein Film, den die medienpädagogische Einrichtung zusammen mit Jugendlichen gedreht hat und der Erscheinungsformen des Rechtsextremismus zeigt. Doch die Filmvorführung wird von einer Gruppe Neonazis gestört. Sie sind bewaffnet, drängen ins Kino-Foyer, verletzen Wachpersonal und beschädigen, nachdem sie rausgedrängt wurden, die Fassade des Gebäudes. 13 Personen werden in Gewahrsam genommen, aber später wieder freigelassen. Juristische Konsequenzen hat der Vorfall bis heute nicht. Die Polizei stellte die Ermittlungen zunächst ein und nahm sie erst nach Intervention des Medienprojekts wieder auf.

Es ist einer von sechs Fällen aus westdeutschen Städten, die die Amadeu-Antonio-Stiftung in ihrem neuen Report „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ aufführt. Die Fälle, sagt Autorin Marion Kraske, seien ein Beleg dafür, wie „schludrig von Justiz und Behörden mit rechtsextremen Taten und Tätern umgegangen wird“. Auch Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane wirft dem Staat Versagen und Verharmlosung im Kampf gegen Rechtsextreme vor. „Zu oft werden rassistische Motive bei Straftaten bagatellisiert, werden Opfer zu Tätern gemacht. Rassistische Haltungen sind in Polizei und Justiz ebenso weit verbreitet wie im Rest der Gesellschaft.“

Die Stiftung habe sich bewusst auf Städte in Westdeutschland konzentriert. „Rechtsextremismus ist kein ostdeutsches Problem, sondern ein gesamtdeutsches“, sagte Kahane. Der Report ist keine repräsentative Erhebung einer unabhängigen Einrichtung. Die Stiftung wurde 1998 gegründet und unterstützt Initiativen, die Rassismus und Antisemitismus bekämpfen. Sie ist nach einem angolanischen Arbeiter benannt, der 1990 von rechtsradikalen Jugendlichen in Brandenburg getötet wurde. Die Stiftung habe exemplarisch einige aktuelle Fälle aufgeführt. „Und wir hätten das beliebig um weitere Beispiele erweitern können“, erklärt die Autorin des Reports. Die aktuellen Zahlen zur rechten Gewalt in Deutschland zeigen ebenfalls, dass Rechtsextremismus keineswegs ein rückläufiges Phänomen ist. Nach vorläufigen Berechnungen stieg 2012 die Zahl der rechten Straftaten um vier Prozent auf rund 17600 an.

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