
Forderung nach Informationsrechten: Regierung lässt die Medien warten
Eigentlich wollte die Koalition Transparenz und investigativen Journalismus stärken. Eine Grünen-Anfrage zeigt: Das Vorhaben soll leise beerdigt werden.
Trotz Drängen der Opposition und von Medien schiebt die Bundesregierung eine Stärkung der Presse-Auskunftsrechte auf die lange Bank. Dies geht es einer Antwort der Regierung auf eine Grünen-Anfrage hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach betont das zuständige Bundesinnenministerium zwar, die Meinungsbildung dazu sei „nicht abgeschlossen“. Auf die Frage, ob die gegenwärtige Rechtslage genüge, verwies es aber auf eine ältere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die Situation „nicht beanstandet“ habe.
„Damit besteht die Gefahr, dass auch in dieser Wahlperiode ein den rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Gesetz nicht verabschiedet wird“, kritisiert die netzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Tabea Rößner. Die Regierung ignoriere den schwarz-roten Koalitionsvertrag, mit dem sich die Partner auf eine Stärkung der Medien-Auskunftsrechte geeinigt hätten.
Die SPD fordert Dokumentenzugang - auch im Kanzleramt
Heikel ist daran, dass die Regierung damit ein Vorhaben ablehnt, das für ihr eigenes Handeln mehr Transparenz schaffen würde. Denn es würde für alle Bundesbehörden gelten, einschließlich Ministerien und Kanzleramt. So hatte die SPD-Fraktion zuletzt gefordert, darin auch Ansprüche auf Dokumentenzugang für Medienvertreter zu verankern. Diese gibt es zwar auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Im Streitfall lassen sich IFG-Klagen aber nicht für eilige Recherchen durchsetzen. Mit ihrer Verweigerungshaltung gegenüber einem neuen Pressegesetz schützt sich die Regierung so selbst vor schnellen journalistischen Investigationen. Gerichtliche Streitigkeiten in so genannten Hauptsachverfahren dauern oft mehrere Jahre. Die Union stellte sich gegen den SPD-Vorstoß.
Presse und Rundfunk kritisieren "Missachtung journalistischer Arbeit"
Medienvertreter können sich gegenüber Bundesbehörden bisher nur auf die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit aus Artikel fünf berufen. Ein Dokumentenzugang wird dadurch nicht eröffnet. Die Bundesregierung sei sich „der Reichweite der Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG bewusst“, heißt es weiter. Bei Auskunftsverlangen werde die „erforderliche Gesamtabwägung“ vorgenommen. Praktiken oder Anordnungen, bestimmten Medien Informationszugänge zu versperren, gebe es keine.
Vor einem Monat hatte ein Medienbündnis aus Journalistengewerkschaften, Verlegern, ARD und ZDF sowie dem Deutschen Presserat und dem Verband privater Medien appelliert, eine Informationsgesetz zu erlassen. Die bisherige Ablehnung komme einer „Missachtung journalistischer Arbeit“ gleich.