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Auf freiwilliger Basis. Lediglich 25 Prozent der Deutschen haben einen Organspendeausweis ausgefüllt. Zugleich warten tausende Menschen auf Organe. Foto: dapd

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Transplantationen: Regierung will Organspenden neu regeln

Union und SPD möchten alle Bürger nach ihrer Organspendebereitschaft befragen – die FDP ist skeptisch. Die Zahl der Organspenden hat 2010 einen neuen Rekord erreicht.

Berlin - Noch immer stehen in Deutschland 12 000 schwer kranke Patienten auf der Warteliste für eine Transplantation. Ihnen will die Politik jetzt helfen: Noch in diesem Jahr sollen die Bedingungen für Organspenden neu geregelt werden. Darauf haben sich die Vorsitzenden aller fünf Bundestagsfraktionen bei einem Treffen in der vergangenen Woche geeinigt.

Bei der Zusammenkunft am Donnerstag auf Einladung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier wurden neben Verfahrensfragen auch erste inhaltliche Ansätze erörtert. Eine „inhaltliche Übereinkunft“ habe es dabei aber nicht gegeben, berichten Teilnehmer.

Nach bisheriger Rechtslage dürfen Toten nur dann Organe zur Verpflanzung entnommen werden, wenn dafür eine Einverständniserklärung vorliegt. Zu diesem Zweck wurde der freiwillige Organspenderausweis eingeführt. Liegt keine Erklärung vor, können die nächsten Angehörigen der Organentnahme zustimmen – auf der Grundlage des mutmaßlichen Willens der verstorbenen Person.

Da höchstens 25 Prozent der Bundesbürger über einen Spenderausweis verfügen, regen SPD und Union nun an, alle Bürger über ihre Bereitschaft zur Organspende zu befragen. Dies könnte bei der Ausgabe von Reisepässen, Personalausweisen oder Führerscheinen geschehen und dann in den persönlichen Dokumenten vermerkt werden. Auf diese Weise soll die Zahl der potenziellen Organspender gesteigert werden.

Während die Sozialdemokraten um Steinmeier jedoch dazu tendieren, den Bürgern eine Entscheidung über ihre Spendebereitschaft abzuverlangen, setzt die Union auf Freiwilligkeit. Der Staat dürfe die Bürger zwar „einmal im Leben mit dieser Frage konfrontierten“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Wochenende. Es solle aber niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden, versicherte Kauder. Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz- Stiftung warnte ebenfalls davor, eine Entscheidung zu erzwingen. Dies wäre „ein klarer Verstoß gegen die Verfassung“, sagte der Geschäftsführende Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch. Man dürfe die Kriterien für eine Organentnahme nicht auf ein ethisches Mindestmaß herunterschrauben, sondern müsse vielmehr breit über die Chancen und Risiken von Organspenden aufklären.

Auch für die Liberalen kommt eine Entweder-oder-Lösung nicht infrage. Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Ulrike Flach sagte dem Tagesspiegel, es könne „nicht angehen, dass die Bürger gezwungen werden, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, wenn sie einen neuen Reisepass beantragen oder ihren Führerschein abholen“. Auch einen Eintrag der Spendebereitschaft in Pass, Personalausweis oder Fahrerlaubnis lehnt Flach ab: „Ich glaube nicht, dass das mit den hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen in Deutschland zu vereinbaren wäre.“ Für sie sei allenfalls ein Eintrag auf der Krankenkassenkarte vorstellbar.

FDP-Fraktionsvize Flach wehrt sich außerdem dagegen, die Debatte auf die Neuregelung von „postmortalen Organspenden“ zu verengen. Es müsse nun auch darum gehen, bessere Voraussetzungen für Lebendspenden zu schaffen, sagt Flach, allzumal die Organe lebender Spender von den Empfängern meist besser angenommen würden. Flach kann auf einen prominenten Fall verweisen: SPD-Fraktionschef Steinmeier hatte seiner Frau Elke Büdenbender im August 2010 eine Niere gespendet. „Wären beide nicht verheiratet gewesen, dann hätte es diese Möglichkeit nach geltender Rechtslage nicht gegeben“, sagt Flach. „Das muss sich ändern.“

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