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Rentenstreit spitzt sich zu: SPD-Chef Klingbeil spricht ein Machtwort – die Junge Union auch
Eigentlich wollte Schwarz-Rot noch in diesem Jahr ein Rentenpaket verabschieden. Doch beim Deutschlandtag der Jungen Union gelingt es dem Kanzler nicht, seine Kritiker zu überzeugen.
Stand:
Die Rentenreform der schwarz-roten Koalition gerät immer mehr in Gefahr. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union wies Bundeskanzler Friedrich Merz Forderungen des Parteinachwuchses nach Änderungen an dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Renten-Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 zurück.
„Ich werde mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen, wenn wir es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorliegen haben“, sagte der CDU-Vorsitzende im baden-württembergischen Rust. Merz warnte vor einem „Unterbietungswettbewerb“ beim Rentenniveau, damit gewinne man keine Wahlen.
Damit verschärft sich der Konflikt innerhalb der Union. Die Junge Union hatte zuvor einstimmig einen Beschluss gefasst, der Änderungen am Kabinettsbeschluss fordert. „Dieses Rentenpaket ist so nicht zustimmungsfähig und wird keine Zustimmung bekommen können“, sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe, der CDU-Abgeordnete Pascal Reddig.

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Dabei geht es vor allem um eine Formulierung im Gesetzentwurf, dass bei Berechnungen der Renten nach 2031 das 48-Prozent-Niveau Grundlage sein solle. Die Junge Union befürchtet Mehrkosten in den folgenden Jahren von 120 Milliarden Euro.
Im Bundestag wird die Junge Union von 18 Abgeordneten von CDU und CSU der Jungen Gruppe vertreten. Da CDU, CSU und SPD im Bundestag nur eine Mehrheit von 12 Stimmen haben, könnte der Unions-Nachwuchs das Rentenpaket kippen.
Merz wies in Rust die Berechnungen als hypothetisch zurück. Die schwarz-rote Regierung habe verabredet, dass mit den Beschlüssen der kommenden Rentenkommission das System grundlegend geändert werden soll – damit es gerade nicht zu diesen Zusatzbelastungen komme.
Den Widerstand gegen das Gesetz in seiner jetzigen Form hat der heutige Auftritt des Kanzlers zumindest nicht gemindert.
Der CDU-Abgeordnete Nicklas Kappe zeigt sich irritiert über den Kanzler-Auftritt.
Die eigene Parteijugend überzeugte er damit aber nicht. Nicklas Kappe, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Jungen Gruppe, sagte dem Tagesspiegel: „Wir stehen und werden in dieser Frage auch stehenbleiben.“ Die Logik des Kanzlers, der nach der ersten Rentenreform weitere Reformen fordert, erschließe sich ihm nicht.
„Warum sollten wir die Ausgangsbedingungen für die junge Generation vorher noch zusätzlich verschlechtern?“ Kappes Fazit: „Den Widerstand gegen das Gesetz in seiner jetzigen Form hat der heutige Auftritt des Kanzlers zumindest nicht gemindert.“
Damit droht das Rentenpaket, zu dem auch die Einführung der Aktivrente und die erneute Erhöhung der Mütterrente zählen, zu scheitern. Denn SPD-Chef Lars Klingbeil machte auf dem Landesparteitag der SPD in Baden-Württemberg deutlich, dass seine Partei keine weiteren Kompromisse machen werde. „Ich sage euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert“, sagte Klingbeil in Ulm.
Die Rente darf kein Sparprojekt werden!
Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe kritisiert die Junge Union.
Cansel Kiziltepe, Sozialsenatorin in Berlin und Bundesvorsitzende des Arbeitnehmerflügels der SPD, kritisierte das Vorgehen der jungen Konservativen. „Die Junge Union spricht nicht für die junge Generation und schafft Unsicherheit“, sagte sie dem Tagesspiegel.
„Wer jetzt von Sozialkürzungen redet, lenkt von den eigentlichen Aufgaben ab. Die CDU fordert wieder Einschnitte bei den Beschäftigten, statt endlich über gerechte Finanzierung und Vermögensbesteuerung zu sprechen“, sagte Kiziltepe und warnte: „Die Rente darf kein Sparprojekt werden!“
Der Deutschlandtag der Jungen Union wird am Sonntag mit einer Rede von CSU-Chef Markus Söder fortgesetzt. Bereits am Samstagmorgen hatte auch Kanzleramtschef Thorsten Frei vor der Parteijugend gesprochen und für einen Kompromiss geworben. Er argumentierte, die eigentliche, tief greifende Rentenreform werde in einer Kommission ausgearbeitet, deren Ergebnisse dann auch umgesetzt und „nicht auf dem Tisch versauern“ sollten.
Merz und Frei hatten für ihre Reden nur spärlichen Applaus bekommen. Wie sie die nötigen Stimmen für die Reform zusammenbekommen wollen, wird immer fraglicher. (mit Reuters)
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