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Vor dem Kapitol in Washington, dem Sitz des Kongresses.

© AFP/Samuel Corum

Republikanische Mehrheit im Senat: Schwere Bürde für möglichen Präsidenten Biden

Ein von Republikanern dominierter Senat könnte einem demokratischen Präsidenten wichtige Gesetzesvorhaben blockieren – und viele von Bidens Plänen verhindern.

Sollte Joe Biden zum 46. Präsidenten der USA gewählt werden, hat er versprochen das Land "zu einen". Doch selbst wenn ihm – was nicht sicher ist – ein Wahlsieg glückt, das Ziel der Einheit und des Versöhnens ist schon jetzt in weite Ferne gerückt, ebenso konkrete politische Ziele des US-Demokraten. Das liegt am zu erwartenden Wahlergebnis für den Senat.

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Die Demokraten hatten gehofft, dort den Republikanern die Mehrheit abzunehmen. Diese liegt bislang bei 53 von 100 Sitzen. Nach aktuellem Stand sieht es aber nicht so aus, als ob die Demokraten diese Mehrheit knacken könnten.

Selbst der mehr als 100 Millionen Dollar schwere Wahlkampf in South Carolina führte nicht dazu, dass der dortige republikanische Amtsinhaber Lindsay Graham entmachtet worden wäre. Auch der 78-jährige Mehrheitsführer der Republikaner, Mitch McConnell, verteidigte in Kentucky souverän seinen Posten – und er dürfte keinerlei Ambitionen haben, einem möglichen Präsidenten Biden entgegenzukommen. Vor allem, wenn dessen Sieg von den Trump-Anhängern zu großen Teilen als nicht rechtmäßig angesehen würde.

Ein Senat, der sich offensiv gegen die Politik des Präsidenten stellt, würde weitere vier Jahre heftigen Streit, beziehungsweise Stillstand in wichtigen politischen Fragen bedeuten. Dabei hatten die Demokraten vor dem Wahl noch auf einen deutlichen Sieg ähnlich dem im Repräsentantenhaus bei den vergangenen Mid-Term-Elections gehofft.

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Vor zwei Jahren konnten damals viele demokratische Kandidaten den republikanischen Konkurrenten ihre Sitze im Repräsentantenhaus streitig machen. Vor der jetzigen Wahl hatten Umfragen bei den Demokraten Erwartungen geschürt, dass sich nun im Senat eine ähnliche Entwicklung vollziehen würde.

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat Mitch McConnell.
Der republikanische Mehrheitsführer im Senat Mitch McConnell.

© via REUTERS

Doch diese Hoffnungen haben sich aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten zwar wohl weiter die Mehrheit, allerdings haben sie im Vergleich zu vor zwei Jahren wieder Sitze verloren. Im Senat rechnet kaum noch jemand mit einer demokratischen Mehrheit.

Doch um Entscheidungen in wichtigen Politikfeldern wie der Gesundheits- und der Klimapolitik durchzusetzen oder auch ein Konjunkturpaket angesichts der Coronakrise, wäre ein Präsident Biden auf die Zustimmung des Senats angewiesen. Die von Biden angekündigte Rückkehr der USA ins Pariser Klimaabkommen wäre davon allerdings nur mittelbar betroffen. Da schon unter Obama der Senat dem US-Beitritt nicht zugestimmt hatte, könnte Biden auf jeden Fall ohne Senat einen den Vor-Trump-Zustand wiederherstellen.

Auch Pläne der Demokraten, die Zusammensetzung des Supreme Courts zu ändern, benötigen eine Mehrheit bei den Senatoren. Schwer vorstellbar, dass Biden diese mit Hilfe der Republikaner bekommen würde.

Und nicht nur, was die Gesetzgebung betrifft, auch bei der Besetzung wichtiger Posten, beispielsweise der von Bundesrichtern, entscheidet der Senat mit – und kann so einem unliebsamen Präsidenten immer wieder Steine in den Weg legen.

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Der Kommentator der "New York Times" interpretiert das Wahlergebnis dergestalt, dass eine Mehrheit der Wähler zwar US-Präsident Trump nicht weiter im Amt sehen möchte, aber doch gegen einen ,Durchmarsch' der Demokraten ist. Möglicherweise hat hier auch die penetrante Warnung der Republikaner vor der Einführung des Sozialismus durch die Demokraten Wirkung gezeigt. Carl Hulse sieht in dem Fall allerdings immer noch einen Vorteil bei dem moderaten Joe Biden, der eine klassische Karriere als "Deal-Maker" im politischen Prozess hinter sich hat. In der Tat ist Biden bekannt dafür, dass er immer wieder über parteipolitische Grenzen hinweg die Zusammenarbeit gesucht hat.

Und ein republikanischer Senator wird möglicherweise auch lieber einem Gesetz der Demokraten zustimmen, wenn es seinen eigenen Wählern zum Vorteil gereicht, statt aus parteitaktischem Kalkül die Stimme zu verweigern.

Sollte das alles aber nicht helfen, müsste Joe Biden als letzten Ausweg aus so einer Patt-Situation mit Verordnungen regieren, so wie es Donald Trump nach seiner Wahl getan hat. Dieses Prinzip der sogenannten "Executive Orders" ist in den vergangenen Jahren immer stärker eingesetzt worden, so dass der Kongress insgesamt dadurch auch an Macht eingebüßt hat. Auch Barack Obama hatte als Präsident schon auf diese Maßnahmen zurückgreifen müssen. Er hatte es ab 2014 ebenfalls mit einem republikanischen Senat zu tun – unter einem Mehrheitsführer Mitch McConnell.

[Erläuterung zu unseren Zahlen zur US-Wahl: Bei den Wahlentscheidungen in den einzelnen Bundesstaaten nutzen die US-Medien unterschiedliche Berechnungsmodelle, bevor sie einen Call veröffentlichen, also die Wahlleute des Staates einem Kandidaten zurechnen. Je nach der Quelle, auf die sich aktuelle Grafiken und Karten beziehen, sind die Zahlen auch in den deutschen Medien unterschiedlich. Beim Tagesspiegel nutzen wir für unsere Live-Daten Angaben der Deutschen Presse-Agentur dpa, die sich wiederum auf Zahlen des US-Senders CNN stützt.]

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