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Abschiebungen nach Afghanistan soll es laut Grünen-Basis nicht mehr geben.

© dpa/Michael Kappeler

Grünen-Basis fordert humanere Migrationspolitik: „Der eingeschlagene Kurs bekämpft Geflüchtete und stärkt letztlich die Islamisten“

Auf der Bundesebene tragen die Grünen zahlreiche Asylrechtsverschärfungen mit. Zu viele, finden hunderte Mitglieder und werben in einem offenen Brief für eine Politik, die auf Integration und Schutz setzt.

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Abschiebungen, Sicherheitspaket, Grenzkontrollen, Asyl-Schnellverfahren: Neue Asylrechtsverschärfungen und strengere Regeln für Geflüchtete werden aktuell fast täglich vorgestellt. Nach der mutmaßlich islamisitschen Messerattacke von Solingen wirkt die Ampel getrieben, schnelle Lösungen vorzustellen. Doch an der Grünen-Basis rumort es inzwischen unüberhörbar.

In einem offenen Brief an die Parteispitze rebellieren nun hunderte Mitglieder offen gegen den Kurs der eigenen Parteiführung. „Statt Humanität und Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen, setzt Deutschland verstärkt auf Abschottung, auf Zäune und sogar auf Abkommen mit autoritären Regimen, die die Würde von Schutzsuchenden mit Füßen treten“, heißt es in dem Brief, der am Dienstag veröffentlicht wurde und innerhalb weniger Stunden bereits mehr als 700 Unterstützer gefunden hat.

Darin kritisieren die Initiatoren, dass nach dem Anschlag von Solingen nicht über das eigentliche Problem, den Islamismus, gesprochen werde. „Der eingeschlagene Kurs hingegen bekämpft Geflüchtete und stärkt letztlich die Islamisten“, heißt es in dem Schreiben.

Der eingeschlagene Kurs hingegen bekämpft Geflüchtete und stärkt letztlich die Islamisten.

Aus der Erklärung der Grünen-Basis

Konkret verurteilen die Grünen-Mitglieder die Abschiebung von 28 Straftätern nach Afghanistan sowie die Ankündigung, künftig auch wieder nach Syrien abschieben zu wollen. „Die Abschiebungen sind ein Dammbruch, den wir verurteilen und nicht mittragen“, kritisieren die Initiatoren, die einen sofortigen Stopp von Abschiebungen in die beiden Länder fordern.

Auch prominente Grüne unterschreiben

„Darüber hinaus fordern wir eine Rückkehr zu einer Asylpolitik, die auf Schutz und Integration setzt, anstatt auf Abschottung und Kriminalisierung“, heißt es in dem Brief, der auch von bekannten Grünen, wie der Kreuzberger Bundestagsabgeordneten Canan Bayram und den langjährigen Fraktionsvorsitzenden aus Berlin und Thüringen, Antje Kapek und Astrid Rothe-Beinlich, unterstützt wird.

Gemeinsam fordern sie, künftig wieder auf „Integration statt Isolation“ zu setzen. Eine Kürzung von Sozialleistung für ausreisepflichtige Personen sei dagegen verfassungswidrig und untergrabe die Grundidee einer menschenwürdigen Behandlung. Der Brief endet mit einem Appell an die Parteispitze: „Wir erwarten, dass die Grundsätze, auf denen unsere Partei basiert, in der Regierungsarbeit konsequent verteidigt werden.“

Wir erleben gerade einen Wettbewerb der inhumanen Schäbigkeit.

Grünen-Mitglied Enad Altaweel fordert einen Kurswechsel von der Parteispitze.

Die Verfasser des Briefes sind vor allem Mitglieder der Grünen Jugend und der Berliner Grünen. Einer von ihnen ist Enad Altaweel, der seit 2017 bei den Grünen ist und dem Berliner Landesvorstand angehört. 2016 war er selbst aus Syrien nach Deutschland geflohen, inzwischen ist er Sprecher für Vielfalt und Antidiskriminierung der Berliner Grünen.

Enad Altaweel ist seit 2017 Mitglied bei den Grünen.

© Kilian Vitt

„Wir erleben gerade einen Wettbewerb der inhumanen Schäbigkeit. Asyl-Schnellverfahren und Zurückweisungen an den Grenzen dürfen die Grünen auf keinen Fall mittragen“, sagt er im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Anlass für den Brief seien jedoch die Abschiebung von 28 Straftätern nach Afghanistan sowie die Ankündigung neuer Abschiebungen nach Syrien gewesen, erklärt Altaweel. „Ich bin nicht Mitglied dieser Partei geworden, damit wir dann Menschen an das Assad-Regime ausliefern.“

Dass ihr Brief innerhalb weniger Stunden bereits hunderte Unterschriften gesammelt hat, freut ihn. Es zeige, dass er mit seiner Position nicht allein sei bei den Grünen. Er wünscht sich, dass die Parteiführung wieder mutiger auftritt und die universellen Menschenrechte schütze. „Es ist grundfalsch, sich von den Rechten so treiben zu lassen.“

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