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En Bauarbeiter hisst in der Region Saporischschja die russische Fahne (Archiv).

© IMAGO/ITAR-TASS

Ukraine-Invasion Tag 167: Russische Beamte beginnen mit Vorbereitung für Referendum in Saporischschja

Schändung von sowjetischem Ehrenmal in Brandenburg, Explosionen auf der Krim, Russland stoppt Ölexport nach Ungarn und mehr. Der Überblick am Abend.

Russische Beamte in den besetzten ukrainischen Gebieten haben nun offiziell den Prozess der Annexion begonnen. Wie der Leiter der russischen Besatzungsverwaltung des Gebiets Saporischschja, Jewheni Balizkij, bekannt gab, hat er die Wahlkommission des Gebiets angewiesen,  „mit der Arbeit an der Frage der Organisation eines Referendums über die Wiedervereinigung des Gebiets Saporischschja mit der Russischen Föderation zu beginnen“ (Quelle hier).

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Angeblich hätten 700 Delegierte auf einer Veranstaltung in Saporischschja dafür gestimmt. Auch Putins Sprecher Peskow behauptete, dass die Ukrainer die Abstimmungen fordern würden. Russland hat zum Zweck einer offiziellen Fassade wohl eine Organisation mit dem Namen „Wir sind mit Russland zusammen“ gegründet, in der sich angeblich anschlusswillige Ukrainer organisieren. 

Der Vorstoß in Saporischschja ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Russland die Annexion von südukrainischen Gebieten schnellstmöglich umsetzen will. Vorbild ist die Krim. Zwar würden die Referenden von den allermeisten Staaten weltweit nicht anerkannt. Russland könnte sie aber - neben dem symbolträchtigen Erfolg - auch als militärischen Hebel benutzen. Wenn die Ukrainer künftig versuchen sie zurückzuerobern, könnte Russland das als Angriff auf eigenes Territorium werten, und den Konflikt weiter eskalieren - bis hin zur Nutzung von Atomwaffen zur „Verteidigung“. 

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Auf dem russischen Militärflugplatz Nowofedoriwka auf der Krim hat es am Dienstag eine Explosion gegeben, berichten mehrere Twitter-Nutzer. Einige sprechen von mehreren Einschlägen. Der Flugplatz befindet sich nördlich von Sewastopol auf der Westseite der Krim nahe der Stadt Saky. Derzeit ist noch völlig unklar, was die Explosion ausgelöst haben könnte. Bis zur Front in Cherson sind es etwa 200 Kilometer Luftlinie. Offiziell besitzt die Ukraine keine Raketen, die auf diese Distanz zielgenau treffen. Das macht einen Drohnenangriff wahrscheinlich. Mehr in unserem Newsblog. 
  • Die Botschaft der Russischen Föderation hat gegen eine Schändung des sowjetischen Ehrenmals in Brandenburg protestiert. Im Internet sei ein Video aufgetaucht, „das einen deutschen Neonazi-Anhänger bei der Schändung der sowjetischen Kriegsgräberstätte in Werneuchen zeigt, indem er sich rassistisch äußert“, teilte die Botschaft am Dienstag mit. 
  • Ein nagelneuer Airbus A350 steht am Boden und wird zum Ersatzteillager: Wie von Fachleuten schon vermutet demontieren russische Airlines wie die staatliche Aeroflot Flugzeuge, um an Teile zu kommen. Das sagten vier Brancheninsider der Nachrichtenagentur Reuters.
  • Die Versorgung Kaliningrads ist nach Angaben des örtlichen Gouverneurs trotz der Ausnahmen von EU-Sanktionen nicht gesichert. Laut Anton Alichanow kann Russland pro Jahr Güter im Volumen von 500.000 Tonnen von und in seine Exklave an der Ostsee transportieren. Einige der Quoten seien aber bereits ausgereizt, sagte Alichanow am Dienstag laut russischen Nachrichtenagenturen. So könne Kaliningrad bereits keinen Zement mehr aus Belarus einführen - bei einer Menge von normalerweise 200.000 Tonnen im Jahr.
  • Knapp ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge 50 Militärtransporter von der Türkei erhalten. Weitere 150 sollen folgen, wie ukrainische Medien am Dienstag berichteten. Die gepanzerten Mannschaftstransporter vom Typ Kirpi sind mit Allradantrieb ausgestattet und können neben der Besatzung zwölf Soldaten transportieren.
  • Der Transit von russischem Öl über die Pipeline Druschba nach Ungarn ist nach Angaben aus Moskau eingestellt worden. Der russische Pipeline-Monopolist Transneft machte für den Lieferstopp die Ukraine verantwortlich. Von ukrainischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.
  • Im Zuge der Wiederaufnahme von Getreide-Exporten aus der Ukraine haben in der Hafenstadt Tschornomorsk zwei weitere Schiffe abgelegt. Insgesamt über 70.000 Tonnen Lebensmittel werden von den beiden Frachtern durch einen Sicherheitskorridor im Schwarzen Meer transportiert, teilte das ukrainische Infrastrukturministerium am Dienstag in sozialen Netzwerken mit. 
  • Nach mehrfachem Beschuss des südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja stationieren die russischen Besatzungstruppen eigenen Angaben zufolge Luftabwehrsysteme rund um die Anlage. „Die Luftabwehrsysteme des Kraftwerks werden verstärkt“, sagte der Chef der von Moskau eingesetzten Militärverwaltung in der Region, Jewgeni Balizki, am Dienstag im russischen Staatsfernsehen.
  • Der Ukraine-Krieg und seine Folgen könnten die deutsche Wirtschaft bis 2030 mehr als 260 Milliarden Euro an Wertschöpfung kosten. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie mehrerer Institute schadet der Konflikt außerdem der Beschäftigung: Im kommenden Jahr könnten deswegen rund 240.000 Menschen weniger erwerbstätig sein als ohne Krieg, im Durchschnitt der Jahre 2022 bis 2028 wären es 150.000 Menschen.
  • Soldat wird kastriert und getötet – Netzwerk findet mutmaßlichen Täter: Die grausame Folter an einem Mann in ukrainischer Uniform wird per Video dokumentiert. Die Tat soll das tschetschenische „Achmat“-Bataillon haben. Mehr hier.
  • Selenskyj warnt nach Angriffen auf AKW vor Atomkatastrophe: Der ukrainische Präsident fordert neue Sanktionen gegen Russland. Die Besatzer wollen nun Luftabwehrsysteme um das Atomkraftwerk Saporischschja stationieren. Mehr hier.

HINTERGRUND UND ANALYSE

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