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Wladimir Putin unterschreibt während der Parade die neue Doktrin.

© Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlinvia REUTERS

Update

Putin setzt neue Marine-Doktrin in Kraft: Russland sieht USA und Nato als größte Bedrohungen

Der Kremlchef droht mit militärischer Gewalt auf den Meeren, um Russlands Interessen zu verteidigen. In Putins Doktrin sind auch Seegrenzen festgeschrieben.

Mitten in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin den USA und der Nato mit einer neuen Doktrin für die Kriegsmarine eine bisher beispiellose Kampfansage gemacht. In der neuen Doktrin wurde festgeschrieben, dass das Streben der USA nach Dominanz auf den Weltmeeren eine „Herausforderung für die nationale Sicherheit Russlands“ sei, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete.

Die USA und die Nato-Staaten helfen der Ukraine aktuell mit umfangreichen Lieferungen schwerer Waffen im Kampf gegen Putins Truppen.

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Interfax zufolge soll mit der erstmals seit 2015 erneuerten Doktrin verhindert werden, dass die USA den Zugang Russlands zu Bodenschätzen auf dem Boden der Ozeane oder Schifffahrtswege einschränken können.

Moskau erhebt in der Arktis Anspruch auf das dort vermutete Gas, aber auch auf andere Ressourcen. Die Atommacht Russland will demnach nun im Arktisraum aktiver werden, wo auch andere Anrainer Ansprüche angemeldet haben.

Das amerikanische U-Boot USS Connecticut in der Arktis – hier im März 2011.
Das amerikanische U-Boot USS Connecticut in der Arktis – hier im März 2011.

© imago images/Zuma Wire/Christy Hagen

Ausdrücklich betont wird in der neuen Doktrin, dass Russland zur Durchsetzung seiner Interessen auf hoher See militärische Gewalt anwenden könne, wenn alle Versuche einer Konfliktlösung auf diplomatischem Wege ausgeschöpft seien. Für den Kriegsfall sollen dann auch zivile Schiffe in die Seestreitkräfte eingegliedert werden können.

In der Doktrin seien auch Russlands Seegrenzen festgeschrieben, darunter in der Arktis und im Schwarzen Meer. „Den Schutz werden wir hart und mit allen Mitteln gewährleisten“, sagte Putin bei einer Kriegsschiffparade zum Tag der Marine in seiner Heimatstadt St. Petersburg.

Als Gefahren benannt wurden außerdem die Verlegung militärischer Infrastruktur der Nato-Staaten an die russischen Grenzen sowie die Territorialansprüche einer „Reihe von Staaten“, die Meeresregionen und Inseln betreffen würden.

Das von Putin feierlich unterzeichnete Dokument sieht außerdem einen Ausbau der militärischen Infrastruktur auf der annektieren Schwarzmeer-Halbinsel Krim vor.

Marinesoldaten marschieren zum Tag der Marine in Sankt Petersburg.
Marinesoldaten marschieren zum Tag der Marine in Sankt Petersburg.

© IMAGO/ITAR-TASS

Bei einem Auftritt vor Tausenden Zuschauern ging Putin nicht direkt auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ein. Er dankte der Kriegsmarine für ihre Einsätze, die sie seit Jahrhunderten leiste, und lobte ihre hohe Verteidigungsbereitschaft. Russland hat auch zahlreiche Kriegsschiffe im Schwarzen Meer im Einsatz bei den Angriffen gegen die Ukraine.

Zugleich kündigte der Kremlchef an, dass die neue Hyperschall-Seerakete „Zirkon“ bald in den Dienst gestellt werde. Die Lieferung der Raketen beginne in den nächsten Monaten, als erste werde die Fregatte „Admiral Gorschkow“ damit ausgerüstet.

Auf der Krim ist nach russischen Angaben der Stab der Schwarzmeerflotte angegriffen worden.
Auf der Krim ist nach russischen Angaben der Stab der Schwarzmeerflotte angegriffen worden.

© Uncredited/AP/dpa

Zur neuen Hyperschallwaffe Zirkon für die Seestreitkräfte sagte Putin, dass es für sie keine Hindernisse gebe. Ihre Indienststellung wurde 2021 nach Berichten über erfolgreiche Tests schon für Anfang dieses Jahr angekündigt.

Die Hyperschallwaffen weisen ein Vielfaches der Schallgeschwindigkeit von rund 343 Metern pro Sekunde auf. Sie seien eine Reaktion auf die Nato, sagte Putin im vergangenen Jahr. Wo genau sie in Dienst gestellt werden, solle gemäß der nationalen Interessen Russlands festgelegt werden, hieß es. In der Doktrin ist zudem der Bau von modernen Flugzeugträgern festgelegt.

Die Krim-Metropole Sewastopol sagte am Sonntag alle Feierlichkeiten zu dem in Russland traditionell groß begangenen Tag der Marine ab. Gouverneur Michail Raswoschajew begründete dies damit, dass der Stab der Schwarzmeerflotte mit einer Drohne angegriffen worden sei. Sechs Menschen seien verletzt worden. Die ukrainische Marine dementierte das.

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In Wirklichkeit hätten sich die Russen aus Angst vor ukrainischen Angriffen nicht getraut, die Feierlichkeiten wie geplant abzuhalten, heißt es in einer auf Facebook veröffentlichten Mitteilung. „Und um sich nicht vor der ganzen Welt zu blamieren, weil er (der Feind) die Streitkräfte der Ukraine fürchtet, erfand er einen Grund, um die Veranstaltungen abzusagen.“

Von russischer Seite hieß es, die Drohne sei im Hof des Stabquartiers eingeschlagen. Gouverneur Raswoschajew zeigte Fotos mit Zerstörungen. „Am heutigen frühen Morgen haben ukrainische Nationalisten entschieden, uns den Tag der Marine zu verderben“, schrieb Raswoschajew.

Überprüfbar waren diese Angaben von unabhängiger Seite nicht. Auch russische Behörden in Regionen an der Grenze zur Ukraine beklagen seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut fünf Monaten immer wieder Angriffe aus dem Nachbarland. (mit Agenturen)

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