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Sahra Wagenknecht

© WDR/Oliver Ziebe

Sahra Wagenknecht bei „Maischberger“: „Ich schmeiße nicht hin, ich ziehe mich nicht zurück“

Sie will sich vom Parteivorsitz zurückziehen, aus den Talkshows aber offenbar nicht: Bei „Maischberger“ erteilt Sahra Wagenknecht Demokratie-Lektionen und klagt über ihren Job. Die TV-Kritik.

Stand:

Es ist noch keine zwei Wochen her, dass sich Sahra Wagenknecht bei „Lanz“ lautstark darüber beklagte, nicht häufig genug in Talkshows eingeladen zu werden. Nun sitzt sie schon wieder in einer. Die „Maischberger“-Sendung vom Dienstagabend in der TV-Kritik.

Die Gäste

  • Sahra Wagenknecht, BSW-Vorsitzende
  • Sigmar Gabriel, ehemaliger SPD-Chef und Vizekanzler
  • Bryan Lanza, Politikberater der Republikaner
  • Bärbel Schäfer, TV-Moderatorin und Autorin
  • Iris Sayram, ARD-Journalistin
  • Michael Bröcker, Chefredakteur „Table Media“

Wagenknecht, die Allerärmste

Wenn es Sandra Maischberger darauf abgesehen hat, ihren Gast auf die Palme zu bringen, dann saß die erste Frage. „Kann es jemand anders besser als Sie oder hatten Sie keine Lust mehr?“, steigt sie frontal in das Gespräch mit Sahra Wagenknecht ein, die am Montag ihren Rückzug vom Parteivorsitz des BSW angekündigt hatte.

„Manchen Journalisten kann man es nie recht machen“, poltert Wagenknecht. Wenn sie geblieben wäre, hätte man ihr vorgeworfen, sich an die Macht zu klammern. Ihren Rollenwechsel möchte Wagenknecht als sinnvolle Aufgabenteilung verstanden wissen, eben als „vernünftige Entscheidung“.

„Ich schmeiße nicht hin, ich ziehe mich nicht zurück“, stellt sie klar. Der Wechsel in die Grundwertekommission der Partei gebe ihr die Möglichkeit, sich voll und ganz auf die 2026 anstehenden Landtagswahlen im Osten zu konzentrieren.

Man hat im Grunde fast tagesfüllend Videokonferenzen und Telefonate, die alleine mit dem Parteivorsitz zu tun haben.

Sahra Wagenknecht in der Pressekonferenz zu ihrem Rückzug als Parteivorsitzende

Die Frage aber bleibt: War bei dieser Entscheidung nur die reine Vernunft am Werk oder hat Wagenknecht schlicht die Lust am oft unglamourösen Arbeitsalltag der Parteivorsitzenden verloren? Letzteres suggeriert zumindest ein Ausschnitt aus der Rückzugs-Pressekonferenz vom Montag, der kurz vor Wagenknechts Auftritt in der Sendung eingespielt wird.

„Man hat im Grunde fast tagesfüllend Videokonferenzen und Telefonate, die alleine mit dem Parteivorsitz zu tun haben“, beschreibt Wagenknecht in dem Videoausschnitt ihre Arbeit.

Maischberger erwähnt Helmut Kohl. Der sei Parteivorsitzender gewesen, dazu Kanzler, „und dann hat er noch die Wiedervereinigung gewuppt“, hält sie Wagenknecht vor. Um die „schwarzen Kassen“ musste er sich auch noch kümmern, könnte man ergänzen.

„Wenn eine Partei erst mal etabliert ist“, erwidert Wagenknecht, „dann ist die Situation eine andere.“ Sie dagegen ist, so viel steht fest, wieder einmal die Allerärmste.

Demokratie-Lektionen, ausgerechnet von der BSW-Chefin

„Sie haben sich eingemischt in die Koalitionsverhandlungen im Osten, sehr massiv“, erinnert Maischberger Wagenknecht und das Publikum. „Soll das so weitergehen?“ Die Moderatorin möchte auf das Politikverständnis der Noch-Parteichefin hinaus, auf die Frage, was aus Wagenknechts Sicht der größere Mist ist: Regierung oder Opposition?

Eine klare Antwort gibt Wagenknecht nicht. Dass sie sich nach den Landtagswahlen eingemischt habe, „das bin ich den Wählerinnern und Wählern schuldig gewesen“, findet sie. Schließlich hätten die auch ihretwegen das Kreuz beim BSW gesetzt. „Dann muss ich mich doch darum kümmern, dass sie dann auch die Politik bekommen, die sie gewählt haben.“

Das könne doch nicht bedeuten, hundert Prozent der BSW-Positionen umzusetzen, hält Maischberger Wagenknecht immer wieder entgegen. „In dem Moment, wo Sie eine Koalition eingehen mit einer anderen Partei – und das ist das Wesen der Politik –, müssen Sie Kompromisse eingehen“, appelliert die Moderatorin regelrecht an ihren Gast.

„Relativ viele Kompromisse“ sei das BSW doch eingegangen, erwidert Wagenknecht, „sogar welche, die uns auch auf die Füße gefallen sind“. Sie wolle allerdings eine Politik, „die zu dem steht, was sie vor der Wahl verspricht“, beteuert Wagenknecht. „Damit der Wähler eine Auswahl hat. Weil, sonst ist es wirklich keine Demokratie mehr.“

Auch die Brandmauer zur AfD hält Wagenknecht für „ein undemokratisches Herangehen“ und „eine riesige Dummheit“. Zwar gebe es gefährliche AfD-Politiker, „aber die Art und Weise, dass man den Menschen hysterisch erzählt, wenn man der AfD einen Ausschussvorsitz gibt, dann steht die Machtergreifung eines neuen Hitler bevor, das ist so absurd“. Für ebenso absurd könnte man es halten, der Vorsitzenden einer Partei von der Größe des BSW ständig einen Sendeplatz zu geben.

Wie man einen Trump-Berater besser nicht befragt

Mindestens eines hat Sigmar Gabriel, einst Bundesvorsitzender der SPD und ebenfalls bei Maischberger zu Gast, Sahra Wagenknecht voraus. Er hat den Parteivorsitz längst an den Nagel gehängt. Statt einer aufmüpfigen SPD sitzt er nun dem Verein „Atlantik-Brücke“ vor – was für Wagenknecht als Ersatztätigkeit wohl nicht infrage käme.

Zunächst möchte Gabriel an diesem Abend ein Lob für Donald Trump loswerden. Im Nahen Osten habe der US-Präsident dafür gesorgt, „dass der Krieg und das Sterben in Gaza beendet ist“, so Gabriel. „Außer ihm hat das bislang keiner hingekriegt.“

In der amerikanischen Innenpolitik stehe dagegen zu befürchten, „dass der Präsident seine exekutiven Befugnisse immer weiter ausdehnt“. Dennoch: „Dass hier in Deutschland immer gleich der Untergang der amerikanischen Demokratie vorhergesagt wird“, so Gabriel, sei „ein bisschen zu groß“.

Der ehemalige SPD-Chef wird nicht alleine befragt, aus Washington ist der Trump-Berater Bryan Lanza zugeschaltet. Das Gespräch zwischen den beiden Männern beschränkt sich allerdings auf die Begrüßung, ansonsten führt Maischberger Einzelgespräche. Sonderlich gut vorbereitet auf die Behauptungen des amerikanischen Politberaters wirkt sie jedoch nicht.

Lanza hält die Frage der Moderatorin, ob Trump gerne länger als einen Tag Diktator wäre, für „silly“ (der Dolmetscher übersetzt das mit „albern“, ebenso gut könnte es „dumm“ heißen“). Statt ausführliche Argumente zu bringen, lästert er lieber über den jüngst zum New Yorker Bürgermeister gewählten Zohran Mamdani.

Dessen politische Ideen nennt er „zum Teil diktatorisch“ und versteigt sich zu der These, es seien „kommunistische Ansätze, die es sonst nur in Russland gibt“. Dass Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kein kommunistisches Land mehr ist, scheint ihm entgangen zu sein. Auch Maischberger stört sich jedenfalls nicht sichtbar daran.

So kann Lanza weiter flunkern. Trump wolle schlichtweg die „exekutive Macht“ stärken, behauptet er. In den USA habe es eine „Übermacht der Gerichte“ gegeben, obwohl die „exekutive Macht“ doch beim Kongress liege. Der Kongress ist zwar die Legislative, aber sei’s drum. In jedem Fall ist fraglich, ob sich die demokratische Herausforderung durch (zu) einflussreiche Gerichte dadurch lösen lässt, dass der Präsident mit Dekreten am Parlament vorbeiregiert, wie Trump es tut.

Maischberger sieht offenbar keinen Anlass, auf die Unstimmigkeiten in Lanzas Aussagen hinzuweisen. „So kann man’s auch sehen“, kommentiert sie schlicht, als er seine Ausführungen endlich beendet hat. Wer einen Trump-Berater einlädt, sollte ein bisschen mehr Konfrontation wagen.

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