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Sahra Wagenknecht macht mal wieder Schlagzeilen.

© dpa/Michael Kappeler

„Sie weiß um die Risiken“: Spaltet Sahra Wagenknecht die Linke mit neuer Partei?

Sahra Wagenknecht liebäugelt mit einer neuen Partei, ist aber noch unentschieden. Die Hürden sind hoch. Führende Linke versuchen, die Spaltung abzuwenden.

Der nächste Fernsehauftritt steht bereits fest. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht ist für den RTL-Jahresrückblick angekündigt, als besonders „umstrittene“ Politikerin.

Auch bei diesem Auftritt wird sie vielleicht gefragt werden, ob sie wirklich eine neue Partei gründen wolle oder nicht. Und auch dieses Mal dürfte sie die Frage nicht klar mit Ja oder Nein beantworten.

Wagenknecht liebäugelt seit Wochen demonstrativ und in aller Öffentlichkeit mit einer neuen Partei, die in der deutschen Politik etwas verändern solle. Allerdings fügt sie dabei hinzu, dass eine Neugründung nicht so einfach sei. Sie äußere sich nicht deutlicher, weil sie sich nicht entschieden habe, heißt es innerhalb der Partei.

Unterstützung bekam Wagenknecht ausgerechnet vom rechtsextremen Magazin „Compact“. Unter der Überschrift „Die beste Kanzlerin – eine Kandidatin für Links und Rechts“ zeigte das Magazin Wagenknecht auf dem Titel. Prompt sahen sich diejenigen in der Linkspartei bestätigt, die der ehemaligen Fraktionschefin eine unzureichende Abgrenzung vom rechten Rand vorwerfen.

Das Lager um Wagenknecht prüft schon, wie eine Partei aufgebaut werden könnte. Umfragen sagen einer solchen Gründung ein beachtliches Wählerpotenzial voraus. 30 Prozent der Befragten gaben in einer Civey-Umfrage an, sie könnten sich vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen.

Vor vier Jahren versuchte sich die Politikerin an der Gründung der linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“. Bereits damals stand sie im Konflikt mit der Parteiführung, die darin ein Konkurrenzprojekt zur Linkspartei sah. Doch erfolgreich wurde das neue Projekt nicht, Wagenknecht zog sich später zurück. „Sie weiß um die Risiken und ist deshalb jetzt vorsichtig“, heißt es intern. Einflussreiche Linke wie Gregor Gysi versuchen sie im Gespräch zum Bleiben zu bewegen.

Sie weiß um die Risiken und ist deshalb jetzt vorsichtig.

Einschätzung aus der Linken zu Wagenknechts Überlegungen

Andererseits gibt es derzeit wenig, was die von der Gegenseite als „Wagenknechte“ beschimpfte Gruppe noch in der Partei hält. Auf dem Erfurter Parteitag konnte sie sich weder inhaltlich noch personell durchsetzen.

Wenn an diesem Sonntag Bundestagswahl wäre, würden dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend zufolge nur fünf Prozent für die Linke stimmen. Die Wagenknecht-Unterstützer, die derzeit im Parlament sitzen, müssen also damit rechnen, nach der Bundestagswahl ihr Mandat zu verlieren, falls ihre Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert.

Das Lager der Wagenknecht-Gegner verschärft nun seinerseits den Ton: Die sogenannten „progressiven Linken“ fordern ein Machtwort der Partei- und Fraktionsführung. Die „permanente Androhung“ einer Abspaltung drangsaliere und zerstöre die Linke, heißt es in einem Positionspapier, aus dem zuerst der „Spiegel“ zitierte. „Wir haben für dieses Verhalten kein Verständnis und erwarten, dass darauf unmissverständlich reagiert wird.“

Wie diese Reaktion aussehen soll, bleibt offen. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass Wagenknechts Gegner ihren Abgang gern beschleunigen würden.

Eine Spaltung könnte den Niedergang der Linken beschleunigen und sie langfristig unter fünf Prozent drücken. Am kommenden Wochenende treffen sich die Partei- und Fraktionschefs aus Bund und Ländern in Leipzig zum Krisengipfel.

Sollte sich das Wagenknecht-Lager für die Neugründung entscheiden, gilt die Europawahl 2024 als wichtiges Datum. Dafür müsste die neue Partei allerdings im Laufe des kommenden Jahres arbeitsfähig sein. Genau hier liegt das Problem. Denn gebraucht würde eine bundesweite Struktur in der Fläche, von den Ländern bis in die Wahlkreise.

Führende Linke versuchen nun nach Tagesspiegel-Informationen, Wagenknecht deutlich zu machen, dass sie dafür zu wenige und nicht die richtigen Unterstützer hat. Selbst Linken-Politiker, die öffentlich kein kritisches Wort über sie sagen und einen Ausgleich mit ihr befürworten, würden ihr in eine neue Partei nicht folgen.

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