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Erst Gefahr, dann Vorbild für die deutsche Politik? Klima-Aktivistin Greta Thunberg in Hamburg.

© Daniel Reinhardt/ dpa

Klimastreik: Das taktische Lob für die Schülerdemos ist zu durchsichtig

Plötzlich finden Angela Merkel und Katarina Barley freundliche Worte für die Schülerinnen und Schüler im Klimastreik. Wie glaubwürdig ist das? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Junge Menschen, die sich für Politik interessieren, sollten genau hinschauen und hinhören, wenn Mitglieder der Bundesregierung öffentlich über ihr Verhalten urteilen. Sie könnten daraus etwas lernen. Justizministerin Katarina Barley etwa. Die Sozialdemokratin lobte am Wochenende den freitäglichen Protest der Schüler gegen das Versagen der Politik vor dem Klimawandel in höchsten Tönen und schlug im gleichen Atemzug vor, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Dass die Jugendlichen für den Klimaschutz demonstrieren und sich so engagierten, sei "doch großartig", meinte Barley und fügte hinzu: "Solche jungen Leute wünschen wir uns."

Nun ist das Ziel der Absenkung des Wahlalters nicht neu. Neu ist, dass die Europa-Spitzenkandidatin der SPD es mit den Kämpfern von „Fridays for Future“ in einen Zusammenhang bringt, die dafür regelmäßig den Unterricht schwänzen. Hätte Barley auch so gehandelt, wenn etwa in deutschen Städten Jugend-Demos gegen offene Grenzen angemeldet würden? Ist sie nur Justizministerin für "gute", also politisch korrekte Jugendliche - oder ist sie die Hüterin der politischen Rechte aller jungen Menschen? Gerade Barley müsste eigentlich dafür kämpfen, dass Recht unabhängig von Gesinnung gelten muss – auch für die Unliebsamen.

Und dann die Kanzlerin. Die hat noch auf der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar vor Außenpolitikern und Militärs aus aller Welt "Fridays for Future" als Beispiel für unkontrollierbare Internet-Mobilisierung genannt – das klang wie eine Warnung vor Manipulation und also nach Gefahr. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak verspottete "Fridays for Future"-Initiatorin Greta Thunberg auf Twitter ja auch als naiv und verbohrt ("Kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie").

Politiker loben "Fridays for Future" wohl eher aus taktischen Gründen

Nun preist plötzlich auch Angela Merkel die jungen Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Schwedin in Deutschland. Und vergisst seltsamerweise zu erwähnen, was sogar Umweltministerin Svenja Schulze betonte: Dass es nämlich auch noch so etwas wie eine Schulpflicht gibt in diesem Land. Hat womöglich gerade ein Wahlforscher im Kanzleramt einen Befund vorgetragen, wonach eine Mehrheit der Deutschen großen Respekt für die tapfere Greta Thunberg mit ihrer Mütze und die von ihr angestoßenen Klima-Proteste empfindet?

Beide Politikerinnen nähren jedenfalls den Verdacht, dass es ihnen weniger um die Sache, als vielmehr um den eigenen Vorteil geht, dass ihr Urteil über die Schüler-Proteste also rein instrumentell ist. Auch darauf können sich junge Menschen, die sich für Politik interessieren, ihren Reim machen. Ihren ganz eigenen.

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