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„Schutzgewährungen überprüfen“: Faeser will einen Teil der Geflüchteten nach Syrien zurückschicken
Wie umgehen mit den geflohenen Menschen nach dem Machtwechsel in dem Land? Die Innenministerin skizziert mehrere Punkte. Die Union hält Faesers Plan für unrealistisch.
Stand:
Etwa 975.000 Syrer leben nach Angaben des Bundesinnenministeriums aktuell in Deutschland. Die meisten kamen seit 2015 infolge des Bürgerkriegs. Mehr als 300.000 von ihnen haben einen subsidiären Schutztitel. Das bedeutet, sie wurden nicht wegen einer individuellen Verfolgung aufgenommen, sondern wegen der Lage in ihrer Heimat. Dort war am 8. Dezember der langjährige Diktator Baschar al-Assad durch islamistische Milizen gestürzt worden.
Nach dem Umsturz hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) angewiesen, Entscheidungen über Asylanträgen von Menschen aus Syrien auszusetzen. Diese Maßnahme sollte gelten, „bis die Lage klarer ist“, sagte Faeser Anfang Dezember. Nun kündigt die SPD-Politikerin an, dass ein Teil der Geflüchteten unter bestimmten Bedingungen nach Syrien zurückkehren muss.
Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD)
„So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat“, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das wird dann für jene gelten, die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren“, betonte Faeser.
Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium arbeiteten gemeinsam daran, nach dem Sturz von Assad ein klareres Lagebild von Syrien zu gewinnen. „Dabei haben wir vor allem die Sicherheitsfragen im Blick“, sagte Faeser. Die Bundesregierung stimme sich zudem eng mit europäischen und internationalen Partnern ab.
Faeser nannte für sie wichtige Punkte: „Erstens: Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen.“ Zweitens würden Menschen unterstützt, die zurückkehren wollten. Dafür werde das Programm des Bundes zur freiwilligen Rückkehr erweitert.
Drittens sprach sich die Innenministerin dafür aus, Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abzuschieben. „Die rechtlichen Möglichkeiten dafür haben wir stark erweitert und werden sie nutzen, sobald die Lage in Syrien dies zulässt“, sagte sie. Erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt des Terrors und der Gewalt gebe es in Syrien wieder Hoffnung auf Frieden, betonte Faeser. „Wenn diese Hoffnung auf Frieden Realität wird, dann können auch viele Geflüchtete zurückkehren.“
Union hält Faesers Plan für unrealistisch.
Die Union hält Faesers Plan für unrealistisch. Entgegen Faesers Ankündigung werde das Bamf „nicht in der Lage sein, mehrere Hunderttausend Asylbescheide zu überprüfen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) den Zeitungen. Er sprach sich für Gesetzesänderungen auf nationaler und europäischer Ebene aus. „Die Bundesregierung sollte die Arbeit daran schleunigst aufnehmen, um im Fall der Fälle einen Kollaps des Bamf und auch unserer Verwaltungsgerichte zu verhindern.“
Sollte der Schutzgrund für die Syrer in Deutschland entfallen, „müssen für ihren weiteren Aufenthalt dieselben Kriterien gelten, die auch für die Zuwanderung von Fachkräften gelten“, forderte Frei. „Nur wer seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie aus eigener Kraft zu sichern vermag, wird dauerhaft in Deutschland bleiben können.“
Warnung aus dem Entwicklungsministerium
Kurz vor Weihnachten warnte das Entwicklungsministerium nach dem Besuch einer deutschen Delegation in Damaskus vor staatlich veranlassten Rückführungen syrischer Migranten in ihre Heimat. In einem Strategiepapier wurde auf die schlechte humanitäre Lage und eine Überforderung des Übergangsprozesses mit möglichen neuen Konflikten innerhalb des Landes verwiesen.
„Spekulationen über die Aufhebung des Schutzstatus’ von syrischen Geflüchteten – egal ob in Deutschland oder anderswo – kommen deutlich zu früh“, heißt in dem Strategiepapier aus dem Haus von Svenja Schulze (SPD), über das die Agentur dpa berichtete.

© dpa/Sebastian Gollnow
Das Entwicklungsministerium werde seine Unterstützung der Staaten, wo die meisten syrischen Flüchtlingen leben, fortsetzen „und wo erforderlich ausbauen“. So habe das Ministerium in den letzten Jahren maßgeblich die etwa fünf Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei, im Libanon sowie in Jordanien und im Irak unterstützt.
Das Ministerium schreibt weiter, der Übergangsregierung müssten nun klare Botschaften der Unterstützungsbereitschaft mitgegeben werden, aber auch der Erwartungen. „Die aktuellen Machthaber in Damaskus senden Zeichen des Willens, das Land in eine Zukunft zu führen, die allen Ethnien und Religionsgruppen des Landes gleichberechtigte Teilhabe erlaubt“, heißt es in dem Papier.
„Das darf nicht zu naiven Hoffnungen führen. Es wäre allerdings fahrlässig, nicht alles zu unternehmen, um die Möglichkeit eines positiven Wandels zu stärken und zu unterstützen.“ (lem)
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