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Demonstration für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Potsdam.

© PNN/Ottmar Winter

Schwangerschaftsabbrüche: Paus dringt auf Abschaffung von Paragraf 218

Abtreibungen sind in Deutschland bislang generell strafbar. Die Bundesfamilienministerin will dies ändern und den entsprechenden Paragrafen abschaffen. Doch der Koalitionspartner FDP äußert Bedenken.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus dringt auf eine Abschaffung des Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Es gehe um fundamentale, existenzielle Fragen, es gehe um das Menschenrecht auf reproduktive Selbstbestimmung und um das Recht von Frauen, über ihren Körper zu entscheiden, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Für sie sei das Strafgesetzbuch „nicht der richtige Ort, das zu regeln“.

„Wer anders als die Schwangeren selbst sollte entscheiden, ob sie ein Kind austragen möchten oder können?“, fragte Paus. „Wer anders als die Frauen selbst sollte darüber entscheiden, wann und in welchen Abständen sie Kinder bekommen?“

Grundpfeiler des Menschenrechts auf reproduktive Selbstbestimmung sei neben dem Zugang zu sicheren und erschwinglichen Verhütungsmitteln auch die Gewährleistung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie einer selbst bestimmten und sicheren Schwangerschaft und Geburt. „Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, dürfen nicht länger stigmatisiert werden“, sagte die Ministerin.

Die Ampel-Koalition wolle daher in dieser Legislaturperiode prüfen, wie Regelungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches aussehen könnten. Dazu werde eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin eingesetzt, „um genau diese hochkomplexen juristischen Fragen zu klären“, kündigte Paus an.

Abtreibungen nur unter bestimmten Bedingungen straffrei

Nach der aktuellen Regelung sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland generell strafbar, bleiben aber unter bestimmten Bedingungen – unter anderem nach einer verpflichtenden Beratung und bei einer Durchführung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche – straffrei.

Paus’ Vorstoß stieß in der Koalition auf Bedenken. Der aktuell geltende Strafrechtsparagraf stelle „als Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion einen gelungenen Kompromiss“ dar, sagte die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Katrin Helling-Plahr, der Nachrichtenagentur AFP. „Aus ethischen und verfassungsrechtlichen Gründen stehe ich einem Aufkündigen des Kompromisses äußerst skeptisch gegenüber.“

Kommission soll Neuregelung des Paragrafen 218 prüfen

Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag die Einsetzung einer Kommission vereinbart, die eine Neuregelung des Paragrafen 218 prüfen soll. Bislang ist allerdings unklar, wann das Gremium tatsächlich seine Arbeit aufnehmen wird.

Die Koalition arbeitet laut Paus auch „mit Hochdruck“ daran, sogenannte Gehsteigbelästigungen von schwangeren Frauen zu beenden. „Ich würde das gern 2023 mit einer Erweiterung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes regeln, um einen ungehinderten Zugang zu den Beratungsstellen ausdrücklich gesetzlich vorzuschreiben“, sagte die Ministerin. Angedacht sei auch die Schaffung eines neuen Ordnungswidrigkeitentatbestandes, ihr Haus sei dazu in Gesprächen mit Innen- und Justizministerium. (afp)

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