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Will SPD-Chef Sigmar Gabriel einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik fahren? Ein Teil seiner eigenen Partei befürchtet genau das.

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Flüchtlinge, Asylpaket und SPD: Sigmar Gabriel und seine Abweichler

Mit Bangen sieht die SPD den Landtagswahlen entgegen. Manche spekulieren schon über die Zukunft des Parteichefs. Der Berliner Landesverband fürchtet Querelen.

Von Hans Monath

In der SPD ist der Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik der Partei- und Fraktionsspitze offenbar größer als bislang bekannt. 20 Abgeordnete stimmten am Dienstag in der Sitzung der Bundestagsfraktion gegen das Asylpaket II der Koalition und die Aussetzung des Familiennachzugs, wie Teilnehmer berichteten. Vier enthielten sich. In der Probeabstimmung vergangene Woche hatte nur eine Handvoll Abgeordneter gegen das Gesetz gestimmt, das der Bundestag noch diese Woche verabschieden soll. Zwei enthielten sich. Viele hätten signalisieren wollen, dass sie zwar ein zweites Asylpaket befürworteten, die Einschränkung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige aber ablehnten, hieß es zur Erklärung.

Die Stimmen gegen den Kompromiss mit der Union dürfte Parteichef Sigmar Gabriel auch als persönliche Misstrauenserklärung verstehen. Der linke Parteiflügel sieht Anzeichen dafür, dass der Vorsitzende angesichts der verbreiteten Unzufriedenheit mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin mit dem Gedanken spielt, auf diesem Feld einen deutlich härteren Kurs einzuschlagen. Sowohl Gabriel als auch Fraktionschef Thomas Oppermann und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil würden vieldeutige Signale geben, wenn sie einerseits Merkels europäische Lösung befürworteten, andererseits kritische Töne ihrer Politik gegenüber anschlügen und damit deutliche Zeichen der Distanzierung vom Kurs Merkels setzten, hieß es.

Umfragedaten verunsichern die Partei

Einen härteren Kurs oder gar Schwenk der SPD in der Flüchtlingspolitik will die Parteilinke unbedingt verhindern. Sie befürchtet, dass so keine neuen Wähler gewonnen, sondern verbliebene Anhänger vergrault würden. Mehrere Abgeordnete erklärten am Dienstag in der Fraktion, dass sie einem dritten Asylpaket mit Verschärfungen nicht mehr zustimmen würden. Dieser Meinung ist auch der Berliner SPD-Chef Jan Stöß. "Die SPD hat zwei Asylpaketen zugestimmt, damit reicht es jetzt aber auch", sagte er dem Tagesspiegel. "Wer ständig neue Vorschläge für schärfere Gesetze in die Welt posaunt, bevor die verabredeten Gesetzesänderungen überhaupt umgesetzt sind und greifen können, verunsichert nur die Bürger und trägt nicht zur Integration bei", warnte der Parteilinke, der im SPD-Bundesvorstand sitzt.

Neue Umfragedaten zu den Landtagswahlen im März verunsichern die Partei. Danach würde es in Baden-Württemberg nicht einmal mehr zu einer großen Koalition reichen, die rot-grüne Regierung in Mainz ihre Mehrheit verlieren und in Sachsen-Anhalt die AfD die SPD überholen. Sollte dies eintreffen, könne es in der Parteispitze ein „Beben“ geben, heißt es in der SPD. Für Nervosität sorgt ein "Spiegel"-Bericht, wonach es in der Parteispitze schon Gespräche über eine mögliche Ablösung Gabriels gibt – ein Szenario, das den Berliner Landesverband beunruhigt. "Ich erwarte auch nach dem 13. März einen solidarischen Umgang miteinander und insbesondere mit den wahlkämpfenden SPD-Landesverbänden", sagte Stöß. Die Abgeordnetenhauswahl im September sei auch für die Bundes-SPD wichtig, denn die SPD habe gute Chancen, in Berlin wieder stärkste Partei zu werden und weiter den Regierenden Bürgermeister zu stellen. "Querelen im Bund wären dabei keine Hilfe", warnte er.

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