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Peter war in der saarländischen Jamaika-Koalition 2009 bis 2012 Umweltministerin.

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Update

Die Parteiführung wird ausgetauscht: Simone Peter will Grünen-Chefin werden

Am Montag war der Tag der Abtritte bei den Grünen, heute ist offenbar der Tag der Auftritte: Nach der Ankündigung von Kerstin Andreae zur Kampfkandidatur um den Fraktionsvorsitz kommt eine weitere grüne Frau aus der Deckung.

Die ehemalige Umweltministerin im Saarland, Simone Peter (47), will Grünen-Chefin werden. Das teilte sie am Donnerstag auf ihrer Homepage mit. Peter war in der saarländischen Jamaika-Koalition 2009 bis 2012 Umweltministerin. Sie könnte auf einem Parteitag im November der langjährigen Parteivorsitzenden Claudia Roth nachfolgen. Diese hatte Anfang der Woche erklärt, nicht mehr antreten zu wollen.

Peter schrieb: „Ich kann mir vorstellen, die Verantwortung, die ich als Ministerin und als Abgeordnete für die grüne Partei mit Leidenschaft und vollem Engagement übernommen habe, auch für den Parteivorsitz und für eine schlagkräftige, grüne Partei zu übernehmen und erkläre mich offen für eine Kandidatur.“ Parteichef Cem Özdemir hatte bereits angekündigt, sich erneut um das Amt bewerben zu wollen.

Für die Doppelspitze der Bundestagsfraktion bewerben sich Katrin Göring-Eckardt, Kerstin Andreae und Anton Hofreiter.

Nach der herben Wahlniederlage stellen die Grünen sich neu auf, die Gründergeneration zieht sich zurück und macht Platz für Jüngere. Zu ihnen gehört der bayerische Abgeordnete Hofreiter. Er weiß, was es bedeutet, wenn eine seltene Pflanzenart ausstirbt. Mehrere Monate hat Toni Hofreiter in den Anden in Südamerika verbracht, um zu erforschen, unter welchen Bedingungen die Bomarea aus der Familie der Inkaliliengewächse gedeiht. Vielleicht ist es nicht die schlechteste Voraussetzung für seinen neuen Job: Der promovierte Biologe soll als Nachfolger von Jürgen Trittin auch die Grünen-Fraktion im Bundestag wieder zum Blühen bringen.

Anton Hofreiter ist grüner Verkehrsexperte

In der Politik beschäftigt der Parteilinke Hofreiter sich vor allem mit Umwelt und Verkehr. Als Vorsitzender des Verkehrsausschusses, den er seit 2011 führt, machte er sich einen Namen: Gut im Stoff, scharf in der Attacke, etwa beim Debakel rund um die geplatzte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens. Der 43-Jährige ist eine ehrliche Haut, er sagt offen, was er denkt. Dadurch wirkt er authentisch. Mit deftigen Formulierungen und seinem gelegentlichen Hang zum Fatalismus, so fürchten Fraktionskollegen, könnte er aber auch anecken.

 Anton Hofreiter
Anton Hofreiter

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Weil Doppelspitzen bei den Grünen immer sorgfältig austariert sind – mindestens eine Frau, beide Flügel müssen vertreten sein –, muss eine Frau aus dem Realo-Flügel die Nachfolge von Renate Künast antreten. Beworben hat sich bislang nur die bisherige Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Die Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae wird jedoch gegen sie antreten. Das sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Bevor sie sich selbst erklärt, will sie aber erst noch den Länderrat am Samstag abwarten, bei dem die Grünen über die Gründe für die Niederlage reden wollen.

Kerstin Andreae steht für den Neuanfang

Die 44-jährige Andreae stünde glaubwürdig für eine Neuaufstellung. Als die Grünen Ende April ihr Wahlprogramm beschlossen, kämpfte sie darum, den Satz aufzunehmen, dass die Grünen bei ihren Reformen am Ende die Gesamtbelastung im Blick behalten würden. Es sollte ein Signal an Mittelstand und Mittelschicht sein – doch mit Trittin handelte sie sich damals Ärger ein, weil er dies als Verrat empfand. Die Freiburgerin steht für den Kurs, den Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann als Politik mit „Maß und Mitte“ bezeichnet.

Kerstin Andreae
Kerstin Andreae

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Anfang Mai, also mitten in der hitzigen Debatte über die frisch beschlossenen Steuerpläne, bekam Andreae den Mittelstandspreis eines Unternehmerverbands verliehen – „für ihren langjährigen Einsatz für den deutschen Mittelstand und eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Finanzordnung in unserem Land“. Andreae beerbte Anfang 2012 Fritz Kuhn als Leiterin des einflussreichen Arbeitskreises 1 in der Fraktion, der für Haushalt, Steuern und Finanzen und Wirtschaft zuständig ist. Die Mutter dreier Kinder steht außerdem für eine stärkere Öffnung der Grünen zur Union. Hofreiter hingegen mischt in der Gruppe junger Abgeordneter von SPD, Grünen und Linkspartei mit, die sich nach der letzten Wahl zusammengetan haben, um Gräben zwischen Rot-Grün und der Linken zu überwinden.

Katrin Göring-Eckardt will die Grünen in die Mitte bringen

Als Göring-Eckardt von der Basis zur Spitzenkandidatin gewählt wurde, konnte sie fest damit rechnen, nach der Wahl Fraktionschefin zu werden – oder im Fall einer Regierungsbeteiligung Ministerin. Doch nach dem enttäuschenden Wahlergebnis formiert sich Widerstand gegen sie. Ihre Befürworter argumentieren, dass etwas Kontinuität in Zeiten des Umbruchs nützlich sein könnte. Die 47-Jährige bringt Erfahrung mit, sie war schon unter Rot-Grün Fraktionschefin, außerdem ist sie bekannter als Andreae. Doch manche nehmen ihr übel, dass sie im Wahlkampf vor allem als linke Sozialpolitikerin wahrnehmbar war. Göring-Eckardt, früher Agenda-2010-Verfechterin, argumentierte, man müsse aus Fehlern lernen, ihr zentrales Anliegen sei immer Gerechtigkeit gewesen. Inzwischen beobachten Parteifreunde den nächsten Schwenk: Göring-Eckardt fordert jetzt, die Grünen müssten stärker in die Mitte, die Energiewende zusammen mit der Wirtschaft voranbringen und als Partei der Freiheit nicht mehr mit dem erhobenen Zeigefinger drohen.

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