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Schwedische Soldaten bei einer Übung auf Gotland.

© Tom Little/AFP

Spannungen mit Russland: Schweden rüstet Ferieninsel Gotland wieder auf

2005 zog Stockholm seine Truppen von Gotland ab. Heute wird die Sicherheitslage anders beurteilt. Das Militär ist auf der Urlaubsinsel zurück.

Schüsse aus Maschinengewehren donnern über die schwedische Ostseeinsel Gotland. Soldaten in Tarnuniformen robben durch den eiskalten Regen hinter ein Versteck aus umgeknickten Baumstämmen und richten ihre Gewehre auf die Küste. Nur wenige Kilometer entfernt feuern Soldaten, die Helme und schusssichere Westen über dicken Winterjacken tragen, mit Panzerfäusten über ein schneebedecktes Feld.

Für die jungen Rekruten auf Gotland ist es eine ganz normale Übung, doch für ihr Land sind die Manöver eine große Veränderung: Angesichts der Spannungen mit Russland hat die Regierung in Stockholm die Truppen auf Gotland verstärkt. Die Insel, die zuletzt nur noch ein beliebtes Urlaubsziel war, wird wieder aufgerüstet.

Schweden hat keine gemeinsame Grenze mit Russland und ist auch nicht Mitglied der Nato. Die russische Annexion der Krim und der Ukraine-Konflikt haben aber auch die Spannungen zwischen Russland und den skandinavischen Staaten verstärkt. Beunruhigung lösten vor allem verstärkte Aktivitäten russischer Kampfflugzeuge über und russischer Marineschiffe in der Ostsee aus. Im Oktober 2014 sorgte ein mutmaßlich russisches U-Boot für Aufsehen, das angeblich vor Stockholm gesichtet wurde. Vor diesem Hintergrund führte Schweden 2017 die Wehrpflicht wieder ein, erhöhte seine Verteidigungsausgaben und stationierte im Januar 2018 wieder ein Regiment auf Gotland.

Ostseeinsel mit bewegter Geschichte

Die Soldatin Ida Delin, die sich in einer Manöverpause an einem Lagerfeuer aufwärmt, ist stolz auf ihre Aufgabe. "Was wir hier machen, ist für Schweden wirklich wichtig", sagte die junge Gefreite aus Göteborg. Gotland sei wegen seiner Lage in der Ostsee schon immer strategisch wichtig gewesen, sagt der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultqvist mit Blick auf die Luft- und Seewege in der Region. Auch die historische Stadtmauer der Inselhauptstadt Visby zeugt von Gotlands bewegter Geschichte: Schweden, Dänen, Deutsche und sogar Kreuzritter kämpften um die Insel, auch von Russland wurde sie während der Napoleonischen Kriege kurzzeitig besetzt.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Schweden sein Militär stark verkleinert. Auch das Regiment auf Gotland wurde 2005 aufgelöst und die Kasernen verkauft. Die Spannungen mit Russland hätten nun zu einem Umdenken geführt, sagt Hultqvist. "Ich spreche nicht davon, dass für Schweden eine direkte Bedrohung bestünde. Ich spreche über eine Sicherheitslage, die heute schlechter ist als vor zehn Jahren. Darum haben wir unsere militärischen Kapazitäten ausgebaut."

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Auch der Befehlshaber des Regiments auf Gotland, der 50-jährige Oberst Mattias Ardin, spricht angesichts eines "starken Russlands", seiner verstärkten militärischen Aktivitäten und des Ukraine-Konflikts von einer "sich verschlechternden Sicherheitslage". Ardin, der von der Insel stammt und seine militärische Laufbahn kurz vor Ende des Kalten Krieges begann, ist damit betraut, das Regiment neu aufzubauen.

"Perle der Ostsee" bei Touristen beliebt

Manche Inselbewohner sehen die Rückkehr der Soldaten kritisch. Der Projektmanager Niclas Bylund, der vor seinem Büro unweit der Stadtmauer von Visby steht, kann der Aufrüstung aber auch viel Positives abgewinnen. Er hofft vor allem auf eine "lebendigere" Insel außerhalb der Touristensaison: Mit den Soldaten und ihren Familien kämen auch mehr Leute auf die Insel, "die in den Geschäften ihr Geld ausgeben".

Gotland ist die größte Insel Schwedens und die zweitgrößte in der Ostsee. Sie ist fast 3000 Quadratkilometer groß und mit gerade einmal 57.000 Einwohnern sehr dünn besiedelt. Gotland, auch "Perle der Ostsee genannt", ist bei schwedischen wie ausländischen Urlaubern ein beliebtes Reiseziel. Die Landschaft mit ihren Rauken (Kalksteinsäulen) und langen Stränden sowie die mittelalterliche Inselhauptstadt Visby locken jedes Jahr Hunderttausende von Besuchern an. Besonders attraktiv ist die Insel auch für Fahrradtouristen. (AFP, Tsp)

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