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Merz und die AfD-Chefs.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

„Dieser Tag wird als ein trauriger in die Geschichte eingehen“: Wie internationale Medien die Abstimmung mit der AfD sehen

Die Union konnte mithilfe der AfD einen Antrag im Bundestag beschließen. In der internationalen Presse wird das kritisch kommentiert.

Stand:

Zum ersten Mal wird die AfD im Bundestag zur Mehrheitsbeschafferin: Die Union bringt mit Stimmen von AfD, FDP und Fraktionslosen ihren Fünf-Punkte-Plan für eine schärfere Migrationspolitik knapp durch. Dazu schreiben internationale Medien:

„Die Presse“ (Österreich):

„Merz geht mit seinem Konzept ein Risiko ein. Indem er zwei Anträge und eine Gesetzesänderung noch vor der Wahl im Bundestag einbringt, zementiert er seine Position. SPD und Grüne werfen ihm vor, sowohl deutsches als auch europäisches Recht zu ignorieren. Deutschland müsse sich an die Regeln binden, sich korrekter verhalten als Viktor Orban in Ungarn, sagen sie in Richtung Merz. Das macht jenen Weg für alle drei länger, den sie wohl nach der Wahl zum Verhandlungstisch zurücklegen müssen.“

„La Repubblica“ (Italien):

„Zwei Tage nach den Feierlichkeiten zur Befreiung von Auschwitz hat die CDU/CSU von Friedrich Merz den Cordon sanitaire gegenüber der AfD durchbrochen. (…)

Mit diesem Schritt bricht der wahrscheinlich künftige Bundeskanzler ein Tabu, das bislang in Deutschland galt - aus offensichtlichen historischen Gründen. Und er löscht das gesündeste Erbe aus der langen Ära von Angela Merkel aus, Merz' großer Rivalin, die sich stets an den Imperativ „Niemals mit der AfD“ gehalten hatte. (…) Dieser Tag wird als ein trauriger in die Geschichte eingehen.“

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„Tages-Anzeiger“ (Schweiz):

„Die sogenannte Brandmauer, die die Politik der demokratischen Mitte vor der in Teilen verfassungsfeindlichen AfD schützen soll, ist damit noch nicht eingestürzt – ein paar Ziegel fehlen ihr nun aber schon. Niemand verdächtigt Merz, nach der Wahl mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel koalieren zu wollen. Der CDU-Chef hat selbst gesagt, dass das seine Partei zerstören würde.

Deswegen ist es umso unverständlicher, dass er der AfD nun ohne Not im Parlament die Hand reicht. Das alles nur, weil er sich mit markigen Ansagen zur Migration kurz vor der Wahl zusätzliche Stimmen erhofft? Recht hat Merz mit der Überzeugung, dass Deutschland eine strengere Asyl- und Migrationspolitik braucht. Das war aber schon wahr, bevor psychisch angeschlagene Schutzsuchende in Magdeburg und Aschaffenburg Massaker anrichteten.“

„Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz):

„Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass Parteien der bürgerlichen Mitte im deutschen Parlament mit einer Rechtsaußen-Fraktion votiert haben, um eine Mehrheit zu erlangen. (…)

Die Debatte um die Migration hat die Bruchlinien in der deutschen Politik offengelegt. Jeder gegen jeden in teilweise ungebremster Rhetorik, so ließen sich die Redebeiträge verstehen. Der Konsens, dass zumindest die Parteien der Mitte fair miteinander umgehen, scheint aufgekündigt.“

„de Volkskrant“ (Niederlande):

„Der nicht bindende, aber symbolträchtige Antrag fordert permanente Kontrollen an den deutschen Grenzen. Jeder Asylsuchende, der die Grenze ohne gültige Papiere überqueren will, soll zurückgewiesen werden. Das ist ein Bruch mit dem Asylrecht, das sowohl in Deutschland als auch in der EU gilt. Der CDU-Vorsitzende (Friedrich Merz) will zudem, dass abgelehnte Asylbewerber in Haft genommen werden, bis sie Deutschland verlassen.“

„Público“ (Portugal):

„Es war ein ,historischer’ Tag (…). Die CDU wollte die Stimmen der AfD nicht, aber die Wahrheit ist, dass sie nicht mehr die Partei von Angela Merkel ist, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 sagte: „Wir schaffen das.“ Auch wenn heute nur noch ein winziger Bruchteil der Flüchtlinge von damals an den deutschen Grenzen ankommt, haben sich die Positionen der CDU in Bezug auf Migranten denen der AfD angenähert. (…)

Die Einwanderung ist ein Thema, unabhängig davon, ob es sich um ein „Problem“ handelt oder nicht, das die Parteien der Mitte angehen müssen, da die Gefahr besteht, dass das Gespräch von der radikalen Rechten dominiert wird, die ihre eigene Fremdenfeindlichkeit und ihren Rassismus in dieses Thema einbringt. Leider hat die politische Mitte eine Unfähigkeit und Unvorbereitetheit an den Tag gelegt, die ein Thema von solcher Bedeutung nicht verdient hat.“

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